Eddie, „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ ist ein Ableger der „Harry Potter“-Geschichten. Kein leichtes Erbe, das Sie da antreten, oder?
In der Tat nicht. Eigentlich versuche ich, mir darüber nicht so viele Gedanken zu machen. Doch wann immer jemand Harry Potter erwähnt, spüre ich plötzlich doch einen gewissen Druck. Ist ja auch logisch, schließlich bin ich ein Fan von den Büchern und Filmen wie alle anderen auch. Und mit alle anderen meine ich Millionen von Menschen auf der ganzen Welt, die jetzt natürlich hoffen, dass wir unsere Arbeit gut gemacht haben. Ich hoffe also wirklich, dass wir die Sache nicht vermasselt haben.
Mussten Sie sich die alten „Harry Potter“-Filme noch einmal anschauen?
Ich musste es eigentlich natürlich nicht. Denn abgesehen davon, dass meine Figur Newt Scamander selbst mal Schüler in Hogwarts war und Albus Dumbledore kennt, hat unser Film ja inhaltlich eigentlich nichts mit den anderen Geschichten zu tun. Allerdings habe ich dann doch mal reingeschaut, denn ich muss in „Phantastische Tierwesen …“ auch einen Obliviate-Zauber wirken, einen Vergessens-Zauber. Also wollte ich mir doch noch einmal ansehen, wie Emma Watson das gemacht hat. Wenn ich es nur halb so faszinierend hinbekommen habe wie sie damals, dann bin ich mehr als zufrieden.
Erzählen Sie doch mal ein bisschen über diesen Newt Scamander.
Ich liebe diese Rolle wirklich sehr, denn Newt ist ein ziemlich komplizierter Typ. Er ist wirklich alles andere als ein durchschnittlicher Held, sondern vielmehr ganz schön frech und ziemlich eigensinnig. Alleine oder in Gegenwart seiner Tierwesen fühlt er sich ohne Frage deutlich wohler als unter Menschen. Im Laufe des Films taut er natürlich auf und sieht sich mit Mitstreitern konfrontiert, die voller Leidenschaft und Lebenslust sind. Aber insgesamt braucht man eben doch eine Weile, bis man wirklich warm wird mit Newt – und das fand ich richtig erfrischend.
War es schwierig, sich in diese Figur und in diese Welt hineinzufinden?
Kein bisschen. Das liegt einfach daran, dass J. K. Rowling ein Genie ist. Sie hat ihr gesamtes Universum derart detailreich und zugänglich gestaltet und ausgeschmückt, dass man gar nicht mehr viel tun muss. Alles ist in sich stimmig und logisch und erklärt sich von selbst. Letztlich fiel es mir deswegen ausgesprochen leicht, mich auf Newt und seine Welt einzulassen. Denn J. K. Rowling nahm mich dabei an die Hand.
Sie hat bei „Phantastische Tierwesen …“ erstmals selbst ihre Geschichte in ein Drehbuch verwandelt. War sie sehr involviert in das Entstehen des Films?
Oh ja, sie war immer am Set. Das war ein Segen, denn man konnte immer direkt zu ihr kommen, wenn man doch mal eine Frage hatte. Und sie war sogar immer offen für neue Ideen und Vorschläge. Gleichzeitig hat es mir auch ziemlich viel Respekt eingeflößt, denn natürlich wollte ich sie auf gar keinen Fall enttäuschen. Was diesen Aspekt angeht, fand ich die Arbeit an diesem Film deswegen fast genauso schwierig wie an „Die Entdeckung der Unendlichkeit“, wo ich unbedingt wollte, dass Stephen Hawking ihn mag, oder an „The Danish Girl“, wo ich auf jeden Fall der realen Geschichte gerecht werden wollte.
Es gibt ja sogar eine Gemeinsamkeit zwischen Newt Scamander und Ihnen: Für ihn spielt ein verwitterter Koffer eine große Rolle – und Sie sind auch seit vielen Jahren mit einem alten Koffer unterwegs, sogar bei Interviews …
Stimmt, das ist mein Arbeitskoffer. Eine Marotte von mir, quasi eine kleine Verneigung vor meinem Vater, der jeden Tag mit einem Aktenkoffer in Richtung Londoner Innenstadt aufbricht. Mit dem Koffer tue ich also irgendwie so, als hätte auch ich einen anständigen, normalen Job! Da packe ich immer meine Skripte rein, alle meine Notizen und Recherchen. Bei meinem ersten Treffen mit Regisseur David Yates dachte der, ich sei einer dieser Schauspieler, die schon beim Vorsprechen mit Kostümen und Requisiten ihren Boss beeindrucken wollen. So als käme ich im Superman-Kostüm zum Casting für einen Superman-Film. Peinlich! Ich muss mir jetzt wirklich überlegen, ob ich das mit dem Koffer sein lasse. Sonst denkt künftig alle Welt, ich sei durchgeknallt und habe keine Distanz zu meinen Rollen.
Apropos Familie: Inzwischen sind Sie selbst Vater. Und mächtig stolz, oder?
Selbstverständlich. Iris ist mein ein und alles. Es ist wirklich gar nicht so leicht, hier den ganzen Tag zu sitzen und Interviews zu geben, statt die Zeit mit ihr zu verbringen. Aber immerhin bekomme ich mindestens einmal pro Stunde Updates von meiner Frau. (lacht)
Früher hat noch fast jeden schmächtigen britischen Schauspieler, dem der Durchbruch in Hollywood gelungen ist, irgendwann das Fitness-Fieber gepackt und er hat sich für irgendeinen Blockbuster Muskelberge antrainiert. Steht das bei Ihnen auch noch bevor?
Ich kann es mir ehrlich gesagt nicht so wirklich vorstellen. Das Höchste der Gefühle war bislang meine Rolle in „Jupiter Ascending“ von den Wachowskis. Für diesen Film musste ich wirklich trainieren und war für meine Verhältnisse richtig aufgepumpt. Also anders ausgedrückt: Ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben zumindest den Ansatz eines Sixpacks. Aber nach ein paar Wochen fernab des Fitness-Studios war davon schon nichts mehr zu sehen.
Zur Person
Der britische Schauspieler Eddie Redmayne (34) ist seit seiner Glanzleistung in der Stephen-Hawking-Biografie „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ ein Star und räumt einen Preis nach dem anderen ab – auch einen Oscar hat er schon. Mit der Schauspielerei begann er bereits als Jugendlicher – zuerst vor allem am Theater. Redmayne war auf dem Elite-Internet Eton und studierte anschließend Kunstgeschichte. Er ist verheiratet mit PR-Fachfrau Hannah Bagshawe, im Sommer kam Tochter Iris zur Welt.