Reinhold Hönle

Herr Maffay, wie fühlen Sie sich, so kurz vor Ihrem 70. Geburtstag?

Ein bisschen aufgeregt, denn eines hat sich nicht verändert in all den Jahren: Jedes Album ist ein Neuanfang, und weil wir es am Freitag in Berlin live präsentieren, proben wir momentan bis der Arzt kommt. Ich bin heute Nacht um zwei Uhr ins Bett gefallen und um sechs wieder aufgestanden. Das ist etwa der Rhythmus im Augenblick. Nach ein paar Tagen spürt man das ein wenig, aber auf der anderen Seite sind wir froh, dass es losgeht. Ich glaube, wir haben ein schönes Album. Zumindest spielen wir „Jetzt!“ sehr gerne und mit viel Energie. Der Rest wird sich ergeben, wenn wir auf der Bühne stehen.

Wer hat Sie auf Ihrem Lebensweg am meisten inspiriert?

Puh! Da gibt es schon ein paar Personen und Persönlichkeiten. Zuallererst waren es natürlich meine Eltern, wobei meine Mutter leider relativ früh gestorben ist. Insbesondere mein Papa war für mich wie ein Leuchtturm. Er ist ein aufrechter und starker Mann, der mit 93 noch immer in einer geistig enorm guten Verfassung ist.

Ihre Stimme klingt rauer und manchmal zerbrechlicher als früher, aber immer noch kraftvoll. Ist das Training oder Begabung?

Mmmm. Das ist eine Frage der Energie. Im Alter lässt die Kraft irgendwann nach. Die Stimme wird dann ... leiser ... zarter. Dieses Problem habe ich zum Glück im Moment überhaupt nicht, da wir momentan zehn bis zwölf Stunden täglich üben und ich regelmäßig etwas für meine körperliche Verfassung tue.

Sie müssen auf Ihren Pressefotos keine Faxen machen. Ihr Gesicht an sich ist schon spannend genug. Welche Hautcrème verleiht Ihnen das Aussehen eines Abenteurers?

(lacht sich kaputt) Welche Hautcrème ich verwende? Nivea! (lacht weiter)

Vielleicht sorgt bei Ihnen auch das Harley-Fahren für eine Gerbung?

Nein, ich glaube, es ist die relativ hohe Schlagzahl im Musikbusines und der frühere Lebenswandel, der sich jetzt niederschlägt. Außerdem bin ich dieses Jahr nur etwa 250 Kilometer mit dem Motorrad gefahren. Ich habe etwas anderes für mich entdeckt, das ich viel öfter praktiziere: Das Mountainbiking. Wenn ich in meinem Studio in Tutzing bin, fahre ich fast jeden Morgen am Starnberger See entlang. Keine weiten Strecken, aber 10, 15 Kilometer.

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Sie sind im vergangenen Jahr nochmals Vater geworden. Hat das Ihren Blick aufs Leben nochmals verändert?

Enorm! Das war eine wundervolle Erfahrung, 16 Jahre nach der Geburt meines Sohns noch eine Tochter geschenkt zu bekommen. Ich will nicht sagen, dass ich schon vergessen hatte, wie das ist, aber durch Anouk ist plötzlich alles wieder präsent. Nur bin ich noch sensibler, auch vor dem Hintergrund, dass es ein unkonventionelles Alter ist, ein Baby zu bekommen.

Welche Fragen hat das bei Ihnen aufgeworfen und sich auf dem Album niedergeschlagen?

Was steht unserem Kind bevor? Mit welchen Problemen wird diese Generation konfrontiert sein? Was muss sie an Hinterlassenschaften bewältigen? So kommt ein Lied wie „Morgen“ zustande.

Peter Maffay in seinem Musikstudio am Starnberger See.
Peter Maffay in seinem Musikstudio am Starnberger See. | Bild: Peter Kneffel, dpa

Das Video zur Single zeigt viele erschreckende Ereignisse. Was muss noch passieren, damit die Menschheit aufwacht und Gegensteuer gibt?

Eine Umfrage in Deutschland hat gezeigt, dass sich nur ein Viertel der Bevölkerung von der Aktivistin Greta und der „Fridays For Future“ Bewegung angesprochen und motiviert fühlt, den Klimawandel zu stoppen. Der Rest verhält sich indifferent oder sogar ablehnend. Dieses Ergebnis ist frustrierend.

Sie sind in Ihrem Leben schon „1000 Wege“ gegangen. Welche Umwege haben sich für Sie besonders gelohnt?

Das ist witzig! Ich hätte gedacht, Sie fragen mich, welche Umwege ich mir hätte sparen können. Fakt ist, dass wir im alltäglichen Konkurrenzkampf oft die Autobahn wählen, um schneller vorwärts zu kommen, obwohl Nebenstrecken eigentlich viel schöner sind und der Stress geringer ist. Ein herausragendes Beispiel dafür, dass es sich lohnen kann, unkonventionelle Wege zu gehen, ist „Tabaluga“. Da konnte man nicht absehen, dass aus dem kleinen grünen Drachen mal ein ganz Großer würde, der traumatisierten Kindern hilft.

Peter Maffays neues Album „Jetzt!“ erscheint heute beim Label Red Rooster und kostet 17,99 Euro.