Zehn Bücher – nicht alle davon überzeugen Buchkritiker Denis Scheck. Hier sind seine Kurzrezensionen.

10. Michael Crichton und James Patterson: „Eruption“ (Deutsch von Thomas Bauer, 496 S., 25 Euro)

„Eruption“
„Eruption“ | Bild: Goldmann

Der Vulkan Mauna Loa droht Hawaii in ein neues Pompeji zu verwandeln – und weil die US-Army dort Atommüll eingelagert hat, könnte dies obendrein gleich den Weltuntergang bedeuten. Diese postume literarische Zusammenarbeit zweier Giganten des techno-futuristischen Thrillers ist in etwa so unterhaltsam wie „Godzilla vs. King Kong“.

9. Isabel Allende: „Der Wind kennt meinen Namen“ (Deutsch von Svenja Becker, Suhrkamp, 335 S., 26 Euro)

„Der Wind kennt meinen Namen“
„Der Wind kennt meinen Namen“ | Bild: Suhrkamp

Zwei Erzählstränge berichten von Samuel, der 1938 vor den Nazis mit einem Kindertransport aus Wien nach England flüchtet, und von Anita, die aus Mittelamerika kommend, im Trump-Amerika in einem Lager von ihrer Mutter getrennt wird. Beide sehen ihre Eltern nie wieder. Einer deutschen Autorin würde solcher Holokitsch nicht verziehen werden.

8. Jussi Adler-Olsen: „Verraten“ (Deutsch von Hannes Thiess, dtv, 608 S., 26 Euro)

„Verraten“
„Verraten“ | Bild: DTV

Jemand musste Carl Mørck verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet... Um fürs Finale dieser Krimiserie seinen Kommissar als korrupten Polizisten im Gefängnis landen zu lassen, muss Adler-Olsen so haarsträubende Bocksprünge einbauen, dass sich die Krudheiten der Erzählsprache mit den Absurditäten der Handlungsstränge die Waage halten: Quark!

7. Thea Guanzon: „The Hurricane Wars“ (Deutsch von Sabrina Zelezny, Verlag Lyx, 576 S., 24 Euro)

„The Hurricane Wars“
„The Hurricane Wars“ | Bild: HarperVoyager

Noch eine militaristische Romantasy, eine ärgerliche Mischung aus „Lore“-und „Landser“-Roman, hier in einer asiatisch anmutenden Variante und so gehaltvoll wie Bubble Tea. Wann wird sich herumsprechen, dass literarischer Weltenbau sich nicht im Ausdenken von Fantasienamen wie „Talasyn“ und „Alaric“, „Sardovischer Allbund“ oder „Nachtimperium“ erschöpfen darf?

6. Fred Vargas: „Jenseits des Grabes“ (Deutsch von Claudia Marquardt, Limes, 528 S., 26 Euro)

„Jenseits des Grabes“
„Jenseits des Grabes“ | Bild: Limes

Der neue Adamsberg von Fred Vargas um einen Serienkiller in einem Dorf in der Bretagne und einen Wiedergänger des Romantikers Chateaubriand ist mindestens so sehr ein Kochbuch wie ein Krimi, in seiner verqueren Absonderlichkeit aber atmosphärisch dicht und zum Träumen anregend.

5. Stephen King: „Ihr wollt es dunkler“ (Deutsch von Wulf Bergner, Jürgen
Bürger, Karl-Heinz Ebnet, Gisbert Haefs, Marcus Ingendaay, Bernhard Kleinschmidt, Kristof Kurz, Gunnar Kwisinski, Friedrich Sommersberg und Sven-Eric Wehmeyer, Heyne, 735 S., 28 Euro)

„Ihr wollt es dunkler“
„Ihr wollt es dunkler“ | Bild: Heyne

Einem Altmeisters des Horrors dabei zuzusehen, wie er in zwölf Erzählungen eine Sittengeschichte der Vereinigten Staaten der Gegenwart schreibt, bereitet beträchtliches Vergnügen. „Werden wir sterben?“, fragt ein Passagier in einem Flugzeug, das in Klarluftturbulenzen gerät. Kings Geschichten liefern die Antwort auf diese Frage.

4. Stephan Schäfer: „25 letzte Sommer“ (Ullstein, 176 S., 22 Euro)

„25 letzte Sommer“
„25 letzte Sommer“ | Bild: Ullstein

Warum sich so ein Erbauungstraktätchen aus der Lebenshilfe-Ecke über die Gespräche zwischen einem Manager und einem Kartoffelbauer als Literatur getarnt auf der Bestsellerliste halten kann, ohne von der Literaturkritik buchstäblich vom Feld gelacht zu werden, ist mir ein Rätsel.

3. Donna Leon: „Feuerprobe“ (Deutsch von Werner Schmitz, Diogenes, 328 S. 26 Euro)

„Feuerprobe“
„Feuerprobe“ | Bild: Diogenes

Wie man inmitten von Schönheit und Luxus verelendet, aus Leons Romanen lässt es sich erfahren: „Noch vor fünfzig Jahren hatte Venedig fast 150.000 Einwohner“, schreibt Donna Leon im 33. Brunetti. „Heute war ein Drittel davon übrig. Es gab kaum Arbeit, es gab kaum Arbeit, gab kaum Arbeit.“

2. SasaStanisic: „Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“ (Luchterhand, 255 S., 24 Euro)

„Möchte die Witwe...“
„Möchte die Witwe...“ | Bild: Luchterhand

Der literarische Lichtblick auf dieser Liste: ein herausragendes Buch, das durch seine Erzählfreude ansteckende Lebenslust verbreitet. Am Anfang steht eine Idee wie aus einem Science-Fiction-Roman: Was wäre, wenn es eine Art Vorschau auf einen möglichen Verlauf unseres Lebens gäbe, in die man sich bei Gefallen einloggen könnte?

1. Caroline Wahl: „Windstärke 17“ (DuMont, 254 S., 24 Euro)

„Windstärke 17“
„Windstärke 17“ | Bild: dumont

Mit „22 Bahnen“ schrieb Carolina Wahl den Überraschungsbestseller des letzten Jahres. Es ging um eine junge Frau aus schwierigen Verhältnissen und wie sie trotz aller Widerstände ihr Leben in den Griff kriegt. Nun legt Caroline Wahl mit „Windstärke 17“ eine Fortsetzung vor, in der sie aus der Perspektive der jüngeren Schwester Ida erzählt. Während die ältere Schwester Tilda ihre 22 Bahnen im Freibad schwamm, schwimmt Ida lieber freiwasser im Meer. Und genau das macht die junge Autorin Wahl in ihrem faszinierenden zweiten Roman: Sie schwimmt sich frei.