Dem Schweizer Kino wird hierzulande meist eher wenig Beachtung geschenkt, was unser Verlust ist, wie sich in schöner Regelmäßigkeit zeigt. Immer wieder bringt die Eidgenossenschaft cineastische Perlen wie „Chrieg“, „Die göttliche Ordnung“ oder „Mein Leben als Zucchini“ hervor, und auch Marcel Gislers „Mario“ passt in diese Reihe.
Titelheld Mario (Max Hubacher, zuletzt in „Der Hauptmann“ zu sehen) ist ein aufgehender Stern am Schweizer Fußballhimmel: er kickt in der U21-Mannschaft der Young Boys Bern, der Sprung in die erste Mannschaft winkt und zusätzlich zum ehrgeizigen Vater hat er auch schon einen Spielerberater. Dass innerhalb des eigenen Teams Konkurrenz erwächst, als aus Hannover der ähnlich talentierte Leon (Aaron Altaras) engagiert wird, entpuppt sich als geringes Problem. Denn die beiden harmonieren nicht nur auf dem Platz, sondern auch in der bald bezogenen WG. Und es dauert nicht lange, bis sie sich auch körperlich näher kommen. Doch als Gerüchte über ihre Beziehung im Verein die Runde machen, wird das junge Glück schnell auf die Probe gestellt. Auch weil Mario und Leon unterschiedliche Vorstellungen darüber haben, wie man im Fußball mit Homosexualität umgehen sollte.
Regisseur Gisler, der seit dem Studium in Berlin lebt, an der DFFB lehrt und zuletzt sehenswerte Filme wie „Rosie“ oder „Electroboy“ inszenierte, behandelt sein Thema nicht als heißes Eisen, sondern mit großer Selbstverständlichkeit. Beinahe beiläufig fängt er sowohl die latente Homoerotik als auch die explizite Homophobie ein, die dem Fußball innewohnen. Und er verzichtet in den Reaktionen des Umfelds, vor allem innerhalb des Vereins, auf plumpe Schwarzweiß-Zeichnungen.
Nicht zuletzt, weil Hubacher und Altaras (Sohn von Adriana Altaras & eine echte Entdeckung) ein bezauberndes Paar abgeben, wünscht man den Protagonisten mehr noch als eine große Karriere natürlich ein Happy End. Doch Gisler zeigt mit „Mario“ keine Utopie, sondern letztlich ebenso berührend wie nachvollziehbar, warum Schwule im Profisport oft aufhören, bevor es richtig losgeht – oder sich auf gefährliche Versteckspiele und Lügenkonstrukte einlassen.
Das Zebra-Kino Konstanz zeigt „Mario“ zwischen 25. und 30. Oktober. Ab 14. Dezember ist der Film auch auf DVD erhältlich.
Abspann:
Regie/Buch: Marcel Gisler
Darsteller: Max Hubacher, Aaron Altaras, Jessy Moravec, Jürg Plüss
Länge: 119 Minuten
FSK: ab 12 Jahren
Fazit: Berührender Film, der die latente Homoerotik und explizite Homophobie im Fußball differenziert darstellt.