Wohl kein Werk der Beatles fordert und spaltet die Fangemeinde bis heute so sehr wie das vor 50 Jahren erstmals erschienene „Weiße Album“. Schon früh war Frontmann Paul McCartney klar, was seine Band mit dieser Platte angerichtet hatte: „Sie ist ein weiterer Schritt – aber nicht unbedingt in die Richtung, die die Leute erwartet haben.“
Sperrige Stücke
Manche Verehrer der harmonieverliebten Beatles ärgern sich über eine Handvoll sperrige, skizzenhafte Stücke. Für andere ist das Doppelalbum mit 30 Songs schlicht zu lang, sie hätten sich eine kompaktere Platte gewünscht. Doch obwohl das „Weiße Album“ auf die Meisterwerke „Rubber Soul“ (1965), „Revolver“ (1966) und „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ (1967) folgte, ist es für viele im Grunde die größte Leistung der Beatles.
Band vor dem Auseinanderbrechen
„The Beatles“ (so der offizielle Titel der Doppel-LP mit dem schlichten weißen Richard-Hamilton-Cover) zeigt eine Band kurz vor dem Auseinanderbrechen – und zugleich im Zenith ihrer Kreativität. Vom Düsenjet-Sound zu Beginn des rockigen „Back In The U.S.S.R.“ bis zum zarten Schlaflied „Good Night“: Diese pralle Wundertüte ist so kunterbunt und avantgardistisch wie kein anderes Werk der „Fab Four“.
In kürzlich erschienenen Remaster-Versionen der Originalsongs sowie Dutzender Demos und Studio-Outtakes lässt sich das Faszinosum „White Album“ nachvollziehen: Hier befanden sich die Briten – ein Jahr nach dem „Sgt. Pepper“-Triumph – auf der Höhe ihres Ruhms, wegen privater Abenteuer und Streitereien aber auch auf der Kippe.
Politische Umbrüche
Der „Summer of Love“ von 1967 war verflogen, die politischen Umbrüche des Jahres 1968 gingen auch an den Beatles nach ihrer psychedelischen Reise nicht vorüber. Die Sinnsuche beim indischen Guru Maharishi Mahesh Yogi war gescheitert. Drummer Ringo Starr ging seiner Band zeitweise wütend von der Fahne. Auch Drogen- und Eheprobleme bedrohten die Harmonie.
Und doch: „Ja, wir hatten Spaß“, erinnerte sich McCartney im Magazin „Mojo“ an die von Ende Mai bis Mitte Oktober 1968 dauernden Sessions. „Egal was vorher schiefgegangen war, wer fortgerannt oder wer von wem genervt war – wenn wir uns hinsetzten, um zu spielen, dann geschah etwas.“ Vielleicht hätten die Beatles nach dem „White Album“ einfach mal sechs Monate Urlaub voneinander nehmen sollen. Dann hätte die Band womöglich noch länger funktionieren können, mutmaßen Musikkenner.
Das Album
Mit 30 Songs ist das sogenannte „Weiße Album“ ungewöhnlich umfangreich. Eine Auswahl der bekanntesten Hits:
- Back in the USSR
- Ob-La-Di, Ob-La-Da
- Happiness Is a Warm Gun
- Julia
- Helter Skelter