Sarah Rindone

Herr Freyer, „Der goldene Topf“ ist kein klassisches Theaterstück, sondern ein Kunstmärchen. Sie haben sich dafür entschieden, die Geschichte nicht 1:1 zu erzählen. Was hat Sie stattdessen am Stoff interessiert? Welche Bilder, Emotionen und Leseerfahrungen wollen Sie stattdessen vermitteln?

Der Stoff beschreibt das dringende Bedürfnis, die großen Themen des Lebens zu erforschen. Jeder Mensch sucht sich Fluchtwege, um aus der Ferne die Nähe zu betrachten, das ist auch heute noch unser Zustand. Der Ich-Erzähler sind wir alle, sowie alle Figuren auf der Bühne. Der Zuschauer wird nicht zum Voyeur gemacht, nicht wie im Fernsehen oder in Filmen, wo der Zuschauer mitgezogen wird – er dichtet mit, ergänzt und sucht sich die Punkte, an denen er mit sich einverstanden ist. Diese Spiegelung wird durch die Bühne, die aus lauter Spiegeln besteht, betont. Sie erzeugt ein Prisma und einen Kristall, die die Brechung des Lichts auf spektakuläre Weise sichtbar macht. Die verschiedenen Farben und die Metapher des Kosmos sowie die Frage nach der Wahrheit der Natur, all das und noch viel mehr, vereint das Stück.

Kostüme und Masken spielen eine große Rolle in ihrer Inszenierung. Wieso setzen Sie das Stück so sehr auf die Maskierung der Figuren an?

Weil ich glaube, dass alle Darsteller archetypisch sind und die Gefahr mit den naturalistischen Gesichtern der Spieler oder des Menschen darin besteht, dass man die Künstlichkeit des Wortes, des Theaters und der Musik durch Alltagsvisionen in der Tiefe nicht erreicht und das zu sehr in der Nachahmung der Wirklichkeit endet. Und wir wollen ja über Wirklichkeit was sagen und nicht sie imitieren. Dazu kommt, dass die Figuren ja in einem dauerhaften Wechsel zwischen all den Figuren des Stückes stecken. Hier helfen uns die verschiedenen Masken und Kostüme zu einem blitzschnellen Umtausch in eine andere Figur.

Was hat es mit dieser übergroßen Mädchenmaske auf sich? Woher kommt sie und wer ist das Mädchen?

Die Mädchenmaske habe ich in irgendeinem Theaterfundus gefunden, und durch Übermalung und Betonung anderer Elemente hat sie jetzt diesen Ausdruck. Meine Sehnsucht war, das Ganze über eine gewisse Naivität zu erzählen. Ich habe in Italien ein Volksfest erlebt, bei dem Kinder mit riesigen Akkordeoninstrumenten gespielt haben, da haben gerade so die Köpfe der Kinder herübergeschaut. Das wollte ich hier mit der Akkordeonistin als Galionsfigur aufgreifen.