Maria Schorpp

„Lasst euch verändern!“ Das ist der Titel einer Veranstaltung, die in der Kartause Ittingen angeboten wird. Um den „neuen Menschen“ soll es gehen. Als ob das so einfach wäre. Dringend nötig wäre er, denn so kann es nicht weitergehen. Nur: Es ist so eine Sache mit dem Menschen und seiner Bereitschaft sich zu ändern. Die „Ittingen Saga“, uraufgeführt im schaurig-schönen Kartause-Keller, kann ein Lied davon singen.

Edith Gloor und Leopold Huber haben im Auftrag der Kartause deren Geschichte in eine Revue übertragen. Das klingt zunächst nicht unbedingt berauschend. Wie es Leopold Huber jedoch in der einzigartigen Spielstätte im Kellergewölbe in Szene gesetzt hat, meint man zuweilen, sich in einem psychedelischen Rausch zu befinden. Am rechten Rand der Bühne steht ein Schrankbett, wie es von den Mönchen benutzt wurde. In Wahrheit eine scheppernde und Lichtblitze speiende Zeitmaschine, auf die allerdings kein Verlass ist. Mal katapultiert sie ihre Passagiere in die Vergangenheit, mal in die Zukunft. Wer in ihren Sog gerät, ist dann jedenfalls mal weg.

Leopold Huber, Leiter des See-Burgtheaters, ist für seine Späße mit doppeltem Boden bekannt. Der Mensch und sein Menschsein ist am Ende das Thema dieser Reise in die Vergangenheit, die im Jetzt beginnt. Mutter Idda und Bruder Vinzenz suchen nach Laurenz. Er hat sich nach Ittingen verdrückt und einen Koffer mit dubiosen Daten mitgehen lassen. Astrid Keller spielt Idda, wobei man ihre Präsenz – wie die aller Darsteller – in der Gesamtheit ihrer vielzähligen Rollen sehen muss.

Am allerbesten ist sie, wenn es bizarr wird. Zum Beispiel wenn sie als Mutter Fehr und Giuseppa Spina als Vater Fehr wie zwei Handpuppen im Kasperletheater oben aus dem Schrankbett herausschauen.

Das Stück vom Duo Gloor/Huber schafft den Spagat zwischen Geschichte erzählen und Theater machen gerade deshalb so gut, weil es die Zeitfolge aufreißt. Dank dieser altersschwachen Zeitmaschine, die auch von der Zukunft nicht gerade Hoffnungsvolles zu berichten weiß. Adrian Furrer gibt gruselig gut einen maskierten Volksverhörrichter in einem autoritären Staat, der als Reaktion auf die neoliberalen Auswüchse unserer Zeit bis in den Kopf der Menschen vordringt. Der für die Kostüme zuständige Tobias Steiner hat jedem Zeitgeist das passende Gewand verpasst.

Sehr amüsant auch die Szene mit Florian Steiner als Maler aus der Blütezeit der Kartause. Da steht er vor einer gerahmten Leinwand, auf der das Brustporträt einer Frau in historischem Rüschenkleid erscheint. Lotti Happle ist diese Maria Magdalena, die zum Leben erwacht. Lotti Happle ist auch eine famos singende Aufrührerin, wobei man bei Volker Zöbelins nicht hoch genug einzuschätzendem musikalischen Beitrag zu dieser berauschenden Zeitreise wäre.

Vom archaischen Trommeln des Ittinger Urvolks über das kirchliche „Lobet den Herren“, Gospels à la „Sister Act“ und Nick Caves „Into my arms“ ist die Musikauswahl und ihre Bearbeitung mit einer der Gründe, weshalb diese Revue so großartig funktioniert. Zum Abschluss bedient sie sich bei denjenigen, die die Patenschaft für all den Wahnsinn haben könnten: Monty Python und ihr „Allways Look on the bright side of life“. Alles kann auch komisch sein – mal von der anderen Seite betrachtet. In Ittingen wird man auf diese andere Seite hinübergewirbelt. Großartig.

Freie Plätze gibt es noch für die Vorstellungen vom 18. bis 20. März. Karten unter: 0041/52/748 44 11 oder per E-Mail an:

veranstaltung@kartause.ch