In Denkerpose sitzt er leicht erhöht, die rechte Hand beschirmt die Augen. Mit der Linken greift er nach der Brüstung in seinem Rücken. Die Beine sind angewinkelt. Vielleicht friert er ein wenig, denn er trägt keine Kleider auf dem gut gebauten Leib. Und obwohl er auf weichem Leinen sitzt, muss die gedrehte Pose alles andere als bequem sein.

Akt-Modelle hatten es zu keiner Zeit leicht. Auch nicht, als Martin Ferdinand Quadal 1787 seinen „Aktsaal der Wiener Akademie“ malte, der Professoren und Schüler zeigt, die Natur in Zeichnung, Malerei und Skulptur nachahmend. Das Gemälde ist mit seiner Darstellung einer Akademie-Situation der gelungene Auftakt zur ebenso gelungenen Ausstellung „Verborgene Schätze aus Wien“ in der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall, die im Titel darauf anspielt, dass wenig bekannt ist, dass die 1692 gegründete Akademie der bildenden Künste Wien nicht nur Ausbildungsstätte ist, sondern auch eine umfangreiche Sammlung besitzt.

Während der Sanierung der Akademie treten 400 Exponate, darunter Meisterwerke von Künstlern wie Dürer, Botticelli und Klimt in Dialog mit Werken aus der Sammlung Würth. Eine Fülle unentdeckter Kunstschätze aus fünf Jahrhunderten kommt hier zusammen, die für den Besucher dank eines Leitsystems, das Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, Stiche, Öl-Skizzen und Fotografien in Rubriken teilt, leicht zugänglich wird. Von hochkarätigen Porträts aus dem 17. und 18. Jahrhundert, in denen sich mit Darstellungen von Peter Paul Rubens oder Jacob Jordaens der in der niederländischen Malerei liegende Schwerpunkt der Akademie-Sammlung mitteilt, sind Bezüge zu entdecken zu Andy Warhols Bildnis von Friedrich II.

und zu Kinder-Porträts von Nicolaes Maes oder Pablo Picasso, die die traditionelle Auffassung humorvoll unterlaufen. Mit farbigen und weißen Wänden werden Ausstellungs-Flair und Werkstatt-Charakter gegenübergestellt.

Rubens’ „Bacchanal“ von 1615, das wie die prominent vertretene Gattung der Stillleben mit dem Reichtum an Details und der Echtheit des Materials überwältigt, korrespondiert mit neu entdeckten Entwürfen für Deckengemälde. Echte Landschaften von Gustave Courbet und Jacob von Ruisdael treffen auf kunstvoll komponierte Ansichten Venedigs von Francesco Guardi und die von Christo verhüllte Pariser Brücke Pont Neuf – Darstellungen einer entrückten Wirklichkeit. Arbeiten bekannter Meister stehen neben denen ihrer Schüler – darunter anonyme Kopisten, aber auch Namen wie Egon Schiele –, während Gipsabgüsse berühmter Büsten von der Antike bis zu Johann Heinrich Danneckers Abbild des Dichters Friedrich Schiller führen.

Verborgene Schätze aus Wien: Kunsthalle Würth, Schwäbisch Hall, bis 8. April 2018. Täglich geöffnet von 10 bis 18 Uhr. Weitere Informationen auf www.kunsthalle-wuerth.de