Einmal mehr geschafft: Am Sonntag wurde pünktlich vor dem 1. August, dem Schweizer Nationalfeiertag, die größte Schweizer Fahne am Säntis im ostschweizerischen Alpsteingebirge ausgerollt. Die Flagge ist 80 mal 80 Meter groß und wiegt rund 700 Kilogramm.

Dass die rote Flagge mit weißem Kreuz in der Mitte nun in voller Pracht über den Felsen des größten Bergs der Appenzeller Alpen hängt, ist keine Selbstverständlichkeit. Vergangenes Jahr konnte die zusammengerollte Fahne zwar angebracht, aber nicht entrollt werden: dichter Nebel hatte das verhindert. Und seit 2015 wurde sie bisher zwar immer angebracht und außer dem einen Male auch ausgerollt.
Aber: „Dreimal hat sie gehalten, dreimal ist sie kaputt gegangen“, erklärt Sarah Bösch, Marketingleiterin bei der Säntis Schwebebahn AG im Gespräch mit dem SÜDKURIER. „Wenn der Wind reinschlägt, gleitet die Fahne über den Felsen, dessen Kanten so scharf wie Messer sind.“ Und diese messerscharfen Kanten schneiden Risse in die Fahne, wie etwa 2018, als über Nacht plötzlich ein Sommergewitter aufzog.
Vergängliches Glück: Flagge hängt nur kurz am Berg
Auch dieses Jahr war lange ungewiss, ob die Fahne ausgerollt werden kann oder Gewitter den Plan zunichte machen. Doch es blieb trocken. Sehr trocken sogar, weshalb aufgrund der erhöhten Waldbrandgefahr das traditionelle Höhenfeuer auf dem Säntis zum 1. August nicht entzündet werden konnte.

Immerhin die Schweizer Fahne prangt nun am Felsen des Berges – aufgrund ihrer Verwundbarkeit aber nicht sehr lange. Bereits am 2. August soll sie dieses Jahr wieder abgehängt werden. „Das ist sehr wetterabhängig. Aktuell sind die Gewitterrisiken in den Bergen sehr hoch“, erklärt Bösch.
Patenschaften: Ein Tropfen auf den heißen Stein
Die Säntis Schwebebahn AG bringt die Fahne alljährlich gemeinsam mit der Heimgartner Fahnen AG aus dem schweizerischen Wil an den Berg. Die Textilfirma hat die Flagge auch hergestellt und immer mal wieder geflickt, wenn sie am Fels Schäden davontrug. Wie viel das Anbringen der Fahne am Säntis jedes Jahr kostet, kann Bösch nicht beziffern.

Einzig zu den Patenschaften sagt sie etwas, die für einen der 6400 Quadratmeter Flagge übernommen werden können, Kostenpunkt: 99 Schweizer Franken. Im Jahr der abgeschlossenen Patenschaft können die Gönner den Aufhängearbeiten als Beobachter beiwohnen. Doch auch wenn zurzeit rund ein Drittel der Fahne über Paten verfügt, sei dieser Beitrag, „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, wie Bösch in Bezug auf die Gesamtkosten erklärt.
Eine Mammutaufgabe: Das Anbringen der Flagge
Wie hoch die Kosten sein müssen, wird mit Blick auf die logistische Mammutaufgabe klar, die hinter dem Projekt steckt. „20 bis 22 Leute“ seien jeweils „im Fels“, so Bösch – vor allem Höhenarbeiter, die sonst beispielsweise mit der Hangsicherung an exponierten Lagen in den Bergen beschäftigt seien.
„Alle paar Meter ist jemand im Fels“, beschreibt Bösch das Bild, wenn jeweils am 31. Juli – dem Geburtstag, der 1935 gegründeten Säntis Schwebebahn – die Schweizer Flagge am Säntis ausgerollt wird. Davor wird sie jeweils zusammengerollt per Kettenzug an der Kabine der Säntis Schwebebahn den Berg hinaufgezogen, über dem Tal schwebend.
Der Rekordversuch: Wie alles begann
Ursprünglich sollte die Schweizer Fahne am Säntis noch größer sein, als sie es jetzt ist. „2009 startete ein Pilotprojekt mit einer 120 mal 120 Meter großen Fahne“, sagt Bösch. Aber für die Felswand am Säntis war sie zu groß. Hintergrund ist der Versuch der Heimgartner Fahnen AG, es 2009 mit der größten Flagge der Welt ins Guinness-Buch der Rekorde zu schaffen. „Aber da hatte Israel schon eine größere produziert.“
Am Ende landete die Fahne also weder in der Liste der Weltrekorde noch auf dem Säntis. Aber eine Idee war geboren und 2015 hing schließlich zum ersten Mal zwar nicht die größte Fahne der Welt überhaupt, aber immerhin die größte Schweizer Fahne zum Nationalfeiertag an der Felswand des Ostschweizer Hausbergs. Und das wird sie, so Bösch, voraussichtlich auch künftig jedes Jahr.
Sollte die Fahne witterungsbedingt doch einmal so massiv in Mitleidenschaft gezogen werden, dass sie nicht mehr geflickt, sondern ersetzt werden muss, werde man „alle Kosten prüfen und entscheiden müssen.“ Aber die Marketingleiterin zeigt sich frohen Mutes: „Wenn alles so bleibt wie bisher, sind wir zuversichtlich, dass die Fahne auch in den kommenden Jahren am Säntis hängen wird.“