Zahllose Radler müssen sich auf Behinderungen einstellen: Die Stadtverwaltung sperrt die Fahrrad- und Fußgängerbrücke über den Seerhein für bis zu zwei Monate komplett. Ab 10. August gibt es damit nur noch den engen gegenläufigen Radweg auf der Alten Rheinbrücke oder die beschwerliche Route über die Schänzlebrücke. Das wurde eher zufällig am späten Donnerstagabend in der Sitzung des Technischen und Umweltausschusses bekannt. Wolfgang Becker, der frühere Ansprechpartner Radverkehr der Stadtverwaltung, war sprachlos, als er vom SÜDKURIER davon erfuhr: „Das wird ein Riesenchaos.“

Google-Map: Das sind die Umleitungen

Ob die Umleitungsstrecken die maximal 15.000 Radler täglich aufnehmen können, die auf der Fahrradbrücke gezählt werden, ist nicht nur für Wolfgang Becker mehr als fraglich. Schon jetzt kommt es an der Alten Rheinbrücke immer wieder zu gefährlichen Situationen, weil die Auf- und Abfahrten am Sternenplatz und am Bärengraben beim Rheintorturm mit ihren engen, steilen Kurven dem Verkehr nicht mehr gewachsen sind. Zudem verirren sich regelmäßig Fußgänger auf den Radweg. Wer regelmäßig durch Konstanz radelt, weiß: Da droht der Kollaps.

Sanierungsbedarf ist seit Jahren bekannt

Dass die 163 Meter lange Brücke nach fast 25 Betriebsjahren und stetig steigender Belastung saniert werden muss, ist bereits seit Jahren bekannt. Der Belag ist durch Abnutzung und Rost nicht nur oberflächlich beschädigt. Thomas Seez, der Chef des zuständigen Tiefbau- und Vermessungsamts der Stadt Konstanz, verwies darauf, die Arbeiten könnten nur bei warmem Wetter gemacht werden: „Wir brauchen eine Bauwerkstemperatur von mindestens zehn Grad“, erklärte er.

Für den Zeitpunkt der Sperrung habe man die Sommerferien der Schüler und die Semesterferien der Studenten berücksichtigt. Allerdings fällt die Zeit von August bis Oktober auch in die Touristensaison, wenn zahlreiche Radwanderer mit breiten Taschen am Velo viel Platz auf den Radwegen brauchen, sagt Radexperte Becker. Er räumt aber auch ein: „Im Winter kann man es nicht machen, in der Schulzeit kann man es auch nicht machen.“ Einziger Hebel sei, die Bauzeit zu verkürzen, er fragt aber auch: „Findet man eine Firma, die da Tag und Nacht arbeitet?“

Die Umleitung erfolge über die Alte Rheinbrücke, erklärte Seez, nachdem Stadtrat Anselm Venedey (Freie Wähler) das Thema mit einer Anfrage in die öffentliche Sitzung getragen hatte. Venedey ist überzeugt, dass der schmale Radweg, auf dem schon jetzt drangvolle Enge herrscht und auf dem zwei Fahrräder mit Anhängern kaum aneinander vorbeikommen, niemals aufnehmen kann: „Zehntausend Fahrräder am Tag gehen niemals durch diesen schmalen Schlauch“, ist er überzeugt.

Er hat eine andere Idee: Auf der Alten Rheinbrücke solle eine Auto-Spur während der Bauzeit in einen Radweg umgewandelt werden. Genau dies ist im C-Konzept für den Altstadtverkehr in fernerer Zukunft ohnehin vorgesehen. Jetzt bestehe die Gelegenheit für einen Test, so Venedey.

Wie die temporäre Fahrradspur an den Radweg entlang der Konzilstraße, vor allem aber am Sternenplatz angeschlossen werden könnte, ist Wolfgang Becker allerdings vollkommen unklar: „Die Idee ist gut, aber so lange das C-Konzept an der Stelle noch nicht umgesetzt ist, geht das vermutlich nicht.“ Überrascht von Venedeys Vorstoß, versprach Wolfgang Seez, die Idee zu prüfen – allzu hoffnungsvoll klang er Donnerstagabend allerdings nicht. Bis zum Beginn der Fahrradbrücken-Vollsperrung sind es nur noch gut drei Wochen.