MARKUS VOMBERG

Der Energieversorger RWE ist aus dem Pumpspeicherprojekt Atdorf ausgestiegen. Alleinige Investoren sind jetzt die EnBW und deren Tochter Energiedienst. Dies teilten die EnBW und die Schluchseewerk AG am Mittwoch mit. Auswirkungen auf das Vorhaben mit einem geschätzten Investitionsvolumen von 1,6 Milliarden Euro hat der Ausstieg der RWE zunächst nicht. Die Schluchseewerk AG (eine gemeinsame Tochter von EnBW und RWE) wird die Planfeststellung weiter vorantreiben. Mit einem rechtskräftigen Feststellungsbescheid ist nicht vor 2016 zu rechnen. Danach will die EnBW über den Bau entscheiden.

Mit einer Leistung von 1400 Megawatt wäre Atdorf der größte Pumpspeicher Deutschlands. EnBW und RWE haben in das 2008 begonnene gemeinsame Projekt bereits hohe Summen investiert – die Rede ist von 60 Millionen Euro. Doch wegen der stetig zunehmenden Produktion erneuerbarer Energie insbesondere aus Sonne ist auf dem Großhandelsstrommarkt das Strompreisniveau stark gesunken und die Preisdifferenz zwischen Hochlast- und Schwachlastzeiten zusammengeschmolzen. Dies gefährdet das Geschäftsmodell der Pumpspeicherbetreiber macht den Bau neuer Anlagen unrentabel, wie die Deutsche Energie-Agentur (Dena) im März in einem Positionspapier formulierte.

Bereits seit längerem befanden sich EnBW und RWE deshalb in Gesprächen über die Fortführung des Projekts Atdorf. Während die finanziell angeschlagene RWE sich nun aus dem Vorhaben zurückzuziehen, hält die EnBW daran fest.

Bis auf weiteres seien Pumpspeicher die einzige Möglichkeit, Energie mit hohem Wirkungsgrad und hoher Reaktionsschnelligkeit zwischenzuspeichern und damit ein wichtiger Beitrag zur Energiewende, argumentiert das Unternehmen. Für einen wirtschaftlichen Betrieb sei allerdings eine Änderung des energiewirtschaftlichen „Marktdesigns“ notwendig, sagte EnBW-Sprecherin Friederike Eckstein. Die EnBW hofft auf eine Änderung der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen und sieht in der Politik dafür durchaus Ansätze – beispielsweise haben CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart: „Wir wollen, dass Pumpspeicherwerke auch künftig ihren Beitrag zur Netzstabilität wirtschaftlich leisten können.“

Vor diesem Hintergrund will die EnBW jetzt erste einmal das Planfeststellungsverfahren als rechtliche Voraussetzung für einen späteren Bau zu Ende bringen. In „konstruktiven Gesprächen“ hätten die Anteilseigner der Schluchseewerk AG festgelegt, dass das Planfeststellungsverfahren für Atdorf weiter voranzutreiben. Die Finanzierung der weiteren Projektentwicklung über die bisher schon geflossenen etwa 60 Millionen Euro hinaus wollen EnBW und Energiedienst alleine übernehmen. Der Zeitplan sieht für 2015 die Offenlegung der Unterlagen vor, in der zweiten Jahreshälfte soll der Erörterungstermin folgen. Die Entscheidung zum Weiterplanen sei keine interne Entscheidung zum Bau, betont EnBW-Sprecherin Eckstein: „Es gibt noch keine Investitionsentscheidung!“

BI will Einsicht in Bücher

Gegen den Bau des Pumpspeichers kämpft die Bürgerinitiative Atdorf. Sie hält Pumpspeicher für eine gestrige und den Herausforderungen der Energiewende nicht gewachsene Speichertechnologie. Der Vorsitzende der Bürgerinitiative, Klaus Stöcklin, begrüßte am Freitag den Rückzug der RWE: „Das stachelt uns noch mehr an, das Ding zu verhindern.“ Ein Jahr hätten die Schluchseewerk-Anteilseigner über den Ausstieg verhandelt. Beim verbliebenen Investor EnBW handele es sich um ein Unternehmen im Eigentum öffentlicher Träger, so Stöcklin. Die Bürgerinitiative als anerkannter Umweltverband wolle deshalb versuchen über einen Umweltinformationsantrag Einblick in die Wirtschaftlichkeitsberechnungen für den Pumpspeicher zu erhalten. Bereits im Februar hat die Bürgerinitiative das Unternehmen zur Übermittlung der entsprechenden Informationen aufgefordert.