Kyra bellt laut, als ein Fotograf sich einen Schritt weiter an sie heranwagt. Die imposante Schäferhündin hat direkt die volle Aufmerksamkeit des Raumes. „Das war zu nah“, bemerkt Julia Mayer. Die Hundetrainerin und Polizistin sitzt direkt neben der auf dem Boden liegenden Kyra und nur wenige Meter vom baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl (CDU) entfernt. Sein Ministerium hat am Polizeipräsidium Göppingen zum Pressetermin geladen.
Im Zentrum steht aber nicht Strobl, sondern die Hündin. Sie ist einer von sieben Datenträgerspürhunden, die von der Landespolizei im vergangenen Jahr ausgebildet wurden – die sechs weiteren Hunde sind seit diesem Jahr für die regionalen Präsidien im Land im Einsatz, Kyra ist eine Art Reserve.
Wenn die nun laufende Pilotphase erfolgreich ist, könnten weiter Hunde angelernt werden. Aber warum braucht es die neuen „vierbeinigen Kollegen“, wie Thomas Strobl sie nennt?

Digitalisiertes Verbrechen
Die Digitalisierung mache auch vor der Welt des Verbrechens nicht Halt, erklärt der Innenminister. „Entscheidende Beweise befinden sich heutzutage auf Datenträgern.“ Es geht etwa um die Bereiche Wirtschaftskriminalität, das organisierte Verbrechen und Kinderpornographie. Täter laden belastendes Material nicht etwa in Clouds, also Speicherorte im Internet, sondern speichern sie auf physischen Datenträgern, also USB-Sticks oder SD-Karten. Diese sind in den vergangenen Jahren immer kleiner geworden und lassen sich daher gut verstecken.
Auf welche Geruchsstoffe die Hunde bei den Datenträgern reagieren, versucht Verena Roth, stellvertretende Leiterin des Trainings- und Kompetenzzentrums für Spürhunde in Göppingen zu erklären. Sie gesteht aber direkt: „Das können wir so nicht genau sagen.“ Im Vergleich zu Sprengstoff oder Rauschgift seien die Datenträger geruchslos. „Wir können unsere Hunde auch nicht fragen“, sagt Roth. Wunder seien nicht zu erwarten, aber bei der Handvoll Einsätze, die die Hunde bereits hinter sich haben, hätten sie bereits zu Funden beigetragen.
Kyra und Julia Mayer dürfen zeigen, was sie im vergangenen Jahr gelernt haben. Im Raum sind drei Kästen aufgestellt, in einem davon ist in einem von unten angeschraubten Glas eine USB-Platine versteckt. Mayer wärmt die Hündin mit einem Spielzeug kurz auf, dann läuft sie zielstrebig auf den richtigen Kasten zu und verharrt mit ihrer Nase über dem Loch, unter dem sich die Platine befindet.
Auch einen USB-Stick, den Mayer in einem Schreibtisch im Raum versteckt hat, findet Kyra. Zwar muss ihre Trainerin ihr mit dem Finger zunächst die Stellen deuten, an denen die Schäferhündin schnüffeln soll, aber am Schreibtisch friert sie wieder an der korrekten Stelle ein. Mit einem kleinen Gerät erzeugt Mayer dann ein Geräusch, dass die Hündin aus der Starre löst.

Hund und Trainerin sind seit 2017 ein Team, sagt Mayer. Kyra wurde zunächst zur Schutzhündin und Rauschgifthündin ausgebildet, nun ist sie zusätzlich auch Datenträgerspürhündin. „Sie gehört dem Staat, aber lebt bei mir“, so die Polizistin. Kyra mache auch Feierabend, herumliegende USB-Sticks zuhause seien also kein Problem. Und: „Wenn Kyra mal in Pension geht, bleibt sie bei Frau Mayer“, sagt Innenminister Thomas Strobl noch. Ihr übliches Renteneintrittsalter liege bei zehn oder elf Jahren.