Fünf Jahre lange regierten sie in Winfried Kretschmanns erstem grün-roten Kabinett mit – bis die Südwest-Genossen bei der Landtagswahl 2016 ein Debakel erlebten. Wir schauen nach, womit das einstige SPD-Spitzenpersonal zwei Jahre danach seine Brötchen verdient.
- Bilkay Kadem (SPD), frühere baden-württembergische Integrationsministerin – die bis zu ihrer Heirat im Februar 2018 Bilkay Öney hieß – hat einen neuen Job: Künftig soll Kadem in der rot-rot-grün regierten Hauptstadt den Landesbetrieb für Gebäudebewirtschaftung leiten. Sie war 2011 von der baden-württembergischen SPD ins grün-rote Kabinett von Ministerpräsident Kretschmann (Grüne) geholt worden. Zuvor saß Kadem/Öney von 2006 bis 2011 im Berliner Abgeordnetenhaus, in das sie 2006 als Mitglied der Grünen gewählt worden war. Drei Jahre später wechselte sie allerdings mit ihrem Mandat zur SPD.
- Nils Schmid, in der grün-roten Landesregierung Vize-Regierungschef und zugleich Superminister für Wirtschaft und Finanzen, arbeitet als Bundestagsabgeordneter ebenfalls schwerpunktmäßig in Berlin. Der frühere Landesvorsitzende hatte nach der SPD-Wahlniederlage die Landespolitik verlassen und für den Bundestag kandidiert. Dort ist der Jurist nun außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion sowie Mitglied im Auswärtigen Ausschuss. In der Bundeshauptstadt tummeln sich auch weitere ehemals prominente Köpfe der Südwest-SPD.
- Peter Friedrich, der unter Grün-Rot Minister für Bundesrat, Europa und Internationale Angelegenheiten war, verpasste bei dem SPD-Wahldebakel 2016 ein Landtagsmandat. Mittlerweile ist Friedrich, der bereits vor seinem Ministeramt Bundestagsabgeordneter war, wieder in Berlin und dort für eine Unternehmensberatungsagentur tätig. Er hält Kontakt zur SPD und zur Landespolitik und wurde Anfang Juli 2018 auch auf der Stallwächterparty in der baden-württembergischen Landesvertretung gesichtet. Den Lebensschwerpunkt hat Friedrich mit seiner Familie allerdings aus beruflichen Gründen seiner Frau von Konstanz nach Stuttgart verlegt.
- Claus Schmiedel, langjähriger SPD-Fraktionsvorsitzender im Landtag, ist ebenfalls mit einem beruflichen Bein in Berlin: An der Steinbeis University Berlin fungiert er im Lehrteam als „Director Innovation and Globalization“ und mischt abgesehen davon noch in der Ludwigsburger Kommunalpolitik für die SPD mit.
- Katrin Altpeter, unter Grün-Rot Sozialministerin, ist dagegen ganz bodenständig in ihren Zivilberuf zurückgekehrt. Die gelernte Altenpflegerin und Lehrerin für Pflegeberufe leitet mittlerweile in Stuttgart eine Altenpflegeschule. Andere frühere SPD-Führungskräfte sitzen noch immer als Abgeordnete im Landtag – nun allerdings auf den Oppositionsbänken.
- Reinhold Gall, Ex-Innenminister, ist wieder parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion. Dort koordiniert er die parlamentarische Arbeit der Fraktion. Das Amt hatte er bereits von 2006 bis 2011 inne, bevor er Innenminister wurde. Außerdem ist Gall Mitglied im Landtagspräsidium, im Ständigen Ausschuss und im Landwirtschaftsausschuss.
07.11.2018, Baden-Württemberg, Stuttgart: Abgeordnete der Fraktion der AfD im Landtag von Baden-Württemberg sitzen im Plenarsaal vor einer Abstimmung über einen einen Gesetzesentwurf zum strikteren Umgang mit zweifelhaften Mitarbeitern von Abgeordneten oder Fraktionen auf ihren Plätzen. Mitarbeiter und Praktikanten von Landtagsabgeordneten werden künftig strikter kontrolliert. Hintergrund der geplanten Neuregelungen sind umstrittene Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten. Foto: Marijan Murat/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Bild: Marijan Murat
- Rainer Stickelberger, der frühere Justizminister, hat ebenfalls noch ein Landtagsmandat. Der Jurist ist mittlerweile Vorsitzender des Finanzausschusses und steht als solcher weniger in der Öffentlichkeit, hat aber ein gewichtiges Landtagsamt inne.
- Wolfgang Drexler, der zur alten Führungsgarde der SPD gehört, obwohl er kein Ministeramt innehatte, ist ebenfalls noch Landtagsabgeordneter und war unter anderem Vorsitzender beider NSU-Untersuchungsausschüsse.
- Andreas Stoch, von 2013 bis 2016 als Kultusminister im Amt, ist im Landtag an die prominenteste verbliebene Stelle bei den Sozialdemokraten getreten: Er ist SPD-Fraktionsvorsitzender. Als solcher schaltete er 2016 nahtlos vom Regierungs- in den Angriffsmodus der Opposition um. Seine scharfzüngigen Angriffe gegen die Regierung gehen in Landtagsdebatten gelegentlich so weit, dass ihn die Grünen gerne daran erinnern, dass er selbst zu verantworten habe, was er jetzt kritisierte.
- Gabriele Warminski-Leitheußer, bis 2013 Stochs Vorgängerin im Amt, trat als Kultusministerin nach kurzer Zeit zurück. Über eine neue Tätigkeit der früheren Mannheimer Schulbürgermeisterin ist nichts bekannt. Warminski soll nicht mehr in Baden-Württemberg leben. Auch in der Landespartei weiß man nichts über die Ex-Ministerin – sie ist aus der SPD ausgetreten.
Übergangsgeld
Ehemalige Minister und Staatssekretäre sind in Baden-Württemberg direkt nach ihrer Amtszeit finanziell abgesichert. Sie erhalten Übergangsgeld für die gleiche Anzahl von Monaten, die sie im Amt waren, dabei jedoch mindestens für sechs Monate und höchstens für zwei Jahre. Für die ersten drei Monate werden die vollen vorherigen Amtsbezüge als Übergangsgeld bezahlt, für den Rest der Bezugsdauer die Hälfte. Das Grundgehalt eines Ministers beträgt gemäß Besoldungsgruppe B 11 monatlich 13 741 Euro. Demnach würde ein ehemaliger Minister, der mindestens ein halbes Jahr im Amt war, diese Summe für drei Monate weiterbezahlt bekommen, anschließend die Hälfte dieser Summe für maximal weitere 21 Monate – sofern er keiner anderen Berufstätigkeit nachgeht.