Kerstin Steinert und dpa

Ein Husten hier, ein Naseschneuzen da und ein Niesen dort. An fast jeder Ecke findet man sie: die Menschen, die bereits an der Grippe erkrankt sind. Die Büros sind gähnend leer, die Wartezimmer der Ärzte dafür brechend voll. Die Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Berlin bestätigen die Krankheitswelle: Bundesweit gibt es 24 264 gemeldete Fälle von Menschen (bis Kalenderwoche sieben), die an einem Influenza-Virus (also Grippe-Virus) erkrankt sind. In der Woche davor waren es bundesweit rund 18 700 Fälle. Das ist ein Anstieg um knapp 30 Prozent. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren in Kalenderwoche sieben nur 14 912 Fälle gemeldet.

Besonders betroffen ist der Süden und Osten des Landes. Allein in Baden-Württemberg zählt das Landesgesundheitsamt in Baden-Württemberg seit Ende Januar 3197 Erkrankungen in einer Woche. Das Tragischste daran: Bereits 37 Menschen starben infolge einer Infektion – darunter mehrere Kinder, wie die Behörde in Stuttgart mitteilte. In ganz Deutschland verloren bereits 136 Menschen den Kampf gegen die Krankheit. In der vergangenen Saison 2016/17 forderte die Grippewelle in Deutschland (bis 30. März 2017) 629 Tote.

Die meisten Krankheitsfälle gibt es übrigens in unserer Region im Bodenseekreis. Dort sind laut dem dortigen Gesundheitsamt 353 Fälle seit Dezember 2017 gemeldet worden. Die Gesundheitsämter Waldshut, Schwarzwald-Baar, Konstanz und Sigmaringen zählen je 222, 187, 165 und 93 bekannte Fälle seit Jahresbeginn.

Aber warum erkrankten dieser Tage so viele Menschen an der Grippe? Es ist ein typisches Phänomen für diese Jahreszeit. Ab Aschermittwoch steigen in der Regel immer die Meldungen von Menschen, die sich den Influenza-Virus eingefangen haben. Beatrix Geßner, Allgemeinmedizinerin und Ärztin für Homöopathie in Konstanz, hat den Anstieg eine Woche nach der Fasnacht fast erwartet. Überrascht von dem plötzlichen Anstieg ist sie zumindest nicht. Denn während der tollen Tage feiern die Narren relativ unbekümmert im Freien – auch mal bei Minusgraden. Und in diesem Jahr hat es während der Fastnacht vieler Orts geschneit. Geßner vermutet: „Vielleicht haben sich einige Menschen, die die Straßenfastnacht gefeiert haben, nicht warm genug gekleidet.“ Durch diese Unterkühlung sei man eher anfällig für einen Infekt. Außerdem sind dann viele Menschen auf engem Raum. Durch ein Niesen oder Husten können sich die Viren dann ganz einfach in der Menschenmenge verbreiten. Denn die Grippe breitet sich durch die Tröpfcheninfektion aus.

Bild 1: Überall schnieft und hustet es: Wieso gerade jetzt so viele Menschen die Grippe haben
Bild: Grafik: Bernhardt, Alexander

Tipps zur Vorbeugung

  • Distanz bewahren
    Das bedeutet, eine Armlänge Abstand zu den Mitmenschen halten. Diese Distanz bewahre bereits vor vielen Viren, die beim Husten oder Niesen übertragen werden können, sagt Peter Walger vom Berufsverband Deutscher Internisten (BDI). Noch wichtiger als das sei jedoch die Handhygiene: Denn wer mit kontaminierten Händen die Schleimhäute berührt, sich zum Beispiel den Mund abwischt, riskiert, krank zu werden.
  • Regelmäßiges Händewaschen
    Wer sich regelmäßig die Hände wäscht, für den ist die Gefahr einer Ansteckung geringer. Dabei müssen die Hände nicht zwangsläufig mit speziellen Mitteln desinfiziert werden, sagt Walger. Er empfiehlt außerdem, eigene Taschentücher immer sofort wegzuwerfen und sich nach jedem Schneuzen die Hände zu waschen.
  • Schleimhäute feucht halten
    Es ist wichtig, die Schleimhäute feucht und durchblutet zu halten. „Das größte Problem ist die Überheizung“, sagt Walger. Die Luft in Wohnräumen sei dadurch zu trocken. Da hilft, regelmäßig zu lüften und sich oft draußen aufzuhalten. Walger empfiehlt außerdem, viel zu trinken: mindestens 1,5 Liter am Tag. Und wer ausreichend Obst, Gemüse und ballaststoffreiche Produkte isst, braucht keine Zusatzmittel.
  • Impfen
    Unter Umständen lohnt es sich noch gegen die Grippe zu impfen. Der Impfschutz sei nach zehn bis 14 Tagen aufgebaut, erklärt Walger.
  • Hausmittel
    Beim Anflug einer Erkältung rät der Arzt zu den bewährten Hausmitteln. Heiße Suppen und Brühen oder Honig mit Milch – so werden die Schleimhäute besser durchblutet. Auch Inhalieren kann sinnvoll sein: Walger empfiehlt dafür eine Salzbasis.

 

Die Theorie bestätigt sich übrigens auch in den Zahlen des RKI. 2017 war die Fastnacht eine Woche früher und einer der Höhepunkte der gemeldeten Fälle übrigens auch. Ein ähnliches Bild kristallisiert sich für 2016 heraus. Einer der Höhepunkte der Grippewelle war in diesem Jahr auch fast exakt in der Fastnachts-Woche. 2018 war die Fastnacht eben etwas später und der Höhepunkt der Krankheitswelle eben auch. „In dieser Saison hat die Grippe sich nur langsam verbreitet. Aber jetzt ist sie wohl auf ihrem Höhepunkt angelangt“, sagt Geßner. Wie lange die Welle noch anhalten wird, ist schwer zu sagen. Aus der Erfahrung der vergangenen Jahre sind sich die Experten des RKI sicher, dass sich die Welle noch bis März halten und dann langsam abflauen wird.

Die Grippe-Impfung mit dem gängigen Dreifachimpfstoff ist in diesem Jahr übrigens nicht ganz so erfolgreich, sagt Marieke Degen, Pressesprecherin des RKI. Denn mehr als die Hälfte der bisher nachgewiesenen Influenza-Fälle wurde durch Influenza-B-Viren der sogenannten Yamagata-Linie verursacht. Diese Viren werden aber durch den gängigen Dreifachimpfstoff nicht abgedeckt, wie Degen erklärt.

Aber gibt es denn einen besseren Impfstoff? Die kurze Antwort: Ja. Seit einigen Jahren gibt es einen Vierfachimpfstoff, der aber teurer ist und bislang wesentlich seltener verabreicht wird. Dieser deckt mehr Viren ab – auch den Influenza-B-Virus der Yamagata-Linie. Seit Kurzem empfiehlt die Ständige Impfkommission am RKI diesen Vierfachimpfstoff. Die Entscheidung ist laut RKI aber noch so jung, dass noch nicht klar ist, ob die Krankenkassen die Kosten für diese Impfung übernehmen. Das müsse im Moment jeder Versicherte mit seiner Kasse klären.

 

 

Tipps für Erkrankte

  • Zum Arzt gehen
    Für körperlich gesunde Menschen ist eine Grippe in der Regel nicht gefährlich. Die Krankheit ist in ein bis zwei Wochen ausgestanden. Wer aber stark unter den Symptomen leidet, zur Arbeit oder zur Schule muss, sollte einen Arzt aufsuchen.
  • Ruhe gönnen
    Um die Krankheitserreger zu bekämpfen, braucht der Körper viel Energie. Deshalb sollte sich der Betroffene schonen und ins Bett legen. In der Ruhephase haben die Zellen im Körper genug Zeit, um sich zu regenerieren – und somit auch die so wichtigen Immunzellen, die dringend für die Abwehr benötigt werden.
  • Heißen Tee trinken
    Einige Teesorten können die Grippe-Beschwerden lindern. Kamillentee wirkt zum Beispiel entzündungshemmend, Lindenblüten- und Holunderblütentee sind schweißtreibend und Ingwertee soll Schmerzen lindern. Wer keinen Tee mag, kann es mit einer heißen Zitrone versuchen.
  • Kalte Wadenwickel
    Wer sich die echte Grippe eingefangen hat, hat meist auch Fieber. Um das Fieber zu senken, helfen kalte Wadenwickel. Doch Vorsicht: Fängt der Patient an zu frieren, sollte man auf kühlende Wadenwickel verzichten. Gegen Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen helfen auch rezeptfreie Schmerzmittel.

 

 

Die Impfung mit dem Dreifachstoff war aber nicht umsonst. „Die Impfung schützt ja immer noch vor allem gegen die A-Viren, die in dieser Saison noch verstärkt auftauchen können“, sagt Degen. Sie ergänzt: „Die Yamagata-Linie, die im jetzigen Dreifach-Impfstoff fehlt, war allerdings im Dreifachimpfstoff der Saison 2015/16 enthalten.“ Wer sich regelmäßig jedes Jahr gegen die Grippe habe impfen lassen, sei möglicherweise auch noch zu einem gewissen Teil geschützt.

Bei Menschen, die sich noch nicht gegen die Grippe haben impfen lassen, macht das Immunisieren mit dem Vierfachimpfstoff laut RKI jetzt noch Sinn. Wer bereits einen Dreifachimpfstoff erhalten hat, sollte sich aber nicht generell noch einmal nachimpfen lassen, wie Degen erklärt. Eine Nachimpfung komme aber bei Hochrisikopatienten infrage, die an mehreren Grunderkrankungen leiden. „Aber das muss der Arzt individuell entscheiden.“