Taschengeld gehört zu den prägenden Erinnerungen der meisten Kinder und Jugendlichen. Es ermöglicht ein kleines Stückchen Freiheit. Vor allem aber wird durch die monatliche Dreingabe der Umgang mit Geld erlernt. Ein Überblick, was richtig und falsch ist:
Warum wird in vielen Familien so wenig über Geld gesprochen?
„Ich brauch´ noch drei Euro für die Schule.“ – „Kannst du noch die Zahnarztrechnung überweisen?“ – „Kaufst du mir Gummibärchen?“ So oder so ähnlich ist Geld in jeder Familie täglich präsent. „Deshalb glauben auch alle, dass viel über das Thema Geld geredet wird. Mit ökonomischer Bildung hat das aber noch nichts zu tun“, sagt Kirstin Wulf, Gründerin der Initiative bricklebrit, die unter anderem Workshops zum Thema „Eltern, Kinder und Geld“ anbietet.
Geld ist heute an vielen Stellen des täglichen Lebens nicht mehr sichtbar – und somit abstrakt. „Was die Eltern verdienen, wie viel die Miete kostet und welche sonstigen Fixkosten monatlich zu zahlen sind, all das bekommen Kinder nicht mit“, sagt Wulf. Und beim Einkaufen sind Kinder zwar dabei – bezahlt wird dort aber in der Regel bargeldlos per Karte.

Warum sind Finanzthemen in der Familie wichtig?
Einen guten Umgang mit Geld eignet sich niemand in der Nacht zum 18. Geburtstag an. „Das ist ein Prozess, der nicht früh genug beginnen kann“, sagt Kirstin Wulf. Sie plädiert für eine altersgerechte Annäherung ans Thema schon im Kindergarten: „Kinder sind schon früh an Geld interessiert. Außerdem gehört Konsum zu unserer Welt wie zum Beispiel der Straßenverkehr. Und da lassen wir die Kinder ja auch nicht im Haus, um sie vor den Gefahren zu schützen, sondern vermitteln ihnen die Regeln Stück für Stück.“ Taschengeld ist ein guter Weg, um Kinder langsam an das Thema Geld heranzuführen.
Ab wann sollten Kinder Taschengeld bekommen?
„Ein gewisses Verständnis für Zahlen sollte bei den Kindern da sein, deshalb halten wir den Schuleintritt für ein gutes Alter“, sagt Alexandra Langmeyer-Tornier vom Deutschen Jugendinstitut, welches regelmäßig Empfehlungen zum Taschengeld herausgibt. Insbesondere bei Kindern mit älteren Geschwistern könne man aber auch einem Vorschulkind schon Taschengeld zahlen, wenn der Wunsch aufkommt, so Langmeyer-Tornier. In ihren Workshops regt Kirstin Wulf an, das erste Taschengeld beispielsweise durch Murmeln zu ersetzen: jeden Tag eine rote, für drei rote eine blaue, für drei blaue ein Eis.
Wie viel Taschengeld sollte man zahlen?
„Die Höhe spielt nicht die entscheidende Rolle, sondern die Tatsache, dass das Kind überhaupt Geld zur freien Verfügung hat“, sagt Psychologin Langmeyer-Tornier. Das Deutsche Jugendinstitut empfiehlt, mit 50 Cent bis einem Euro die Woche in der ersten Klasse zu starten. Danach steigen die Beträge mit dem Alter der Kinder. Sollen irgendwann auch Dinge wie Kleidung oder Schulsachen vom Kind selbst gekauft werden, rät Langmeyer-Tornier zu einem gesonderten Budgetgeld hierfür. „Denn mit dem Taschengeld sollen die Kinder wirklich kaufen können, was sie wollen.“
Zahlt man Taschengeld besser wöchentlich oder monatlich?
In den ersten Jahren sollte die Zahlung spätestens wöchentlich erfolgen. „Wenn die Kinder beim täglichen Umgang mit ihrem Taschengeld sicherer geworden sind, können Eltern und Kinder auch auf monatliche Zahlungen umstellen“, sagt Kirstin Wulf. Gut sei, wenn von Anfang an mit Kindern das Einteilen und auch Zurücklegen von Geld besprochen werde. „So kommen mit den Jahren viele Kompetenzen bei den Kindern dazu: Planen, Prioritäten setzen, vorausschauend handeln, Bedürfnisse auch mal zurückstellen, Frust aushalten, Konflikte meistern.“

Gibt man Kindern das Geld bar auf die Hand oder ist es besser, es aufs Konto zu überweisen?
Geld ist inzwischen vor allem virtuell im Umlauf, und Kinder kommen damit auch früh in Kontakt, wenn sie beispielsweise Apps kaufen wollen. Um solche virtuellen Ausgaben verstehen zu können, brauchen Kinder aber reale Gelderfahrungen. Deshalb ist es sinnvoller, das Taschengeld in den ersten Jahren bar zu zahlen. Ab etwa zwölf Jahren kann man bei vielen Banken ein Jugendgirokonto eröffnen und das Taschengeld darauf überweisen. „Es ist wichtig, dass Kinder dann irgendwann auch den Umgang mit Konto und Bankkarte lernen“, betont Alexandra Langmeyer-Tornier.
Und wie sieht es mit Sparen aus?
„Je früher Kinder lernen, dass auch etwas zur Seite gelegt wird, umso eher schaffen sie es als Berufstätige, genug fürs Alter vorzusorgen“, sagt Mara Harvey, Finanzexpertin bei einer Schweizer Bank und Autorin eines Kinderbuchs zum Thema Taschengeld. Damit auch das gesparte Geld sichtbar bleibt, hat sich Kirstin Wulf statt der Spardose ein System mit drei Taschengeldgläsern ausgedacht: In das eine Glas kommt das Geld für die täglichen Ausgaben eines Kindes, in ein zweites das für größere Wünsche und in ein drittes Glas können Kinder Geld legen, um damit anderen eine Freude zu machen oder etwas Gutes zu tun.
Sollten Kinder fürs Taschengeld eine Gegenleistung erbringen?
Geld kommt nicht einfach so aus dem Geldautomaten – es muss vorher verdient werden. Das sollten Kinder möglichst früh begreifen, findet Finanzexpertin Harvey. Deshalb spricht sie sich dafür aus, Kinder für bestimmte Tätigkeiten im Haushalt zu entlohnen – zusätzlich zu einem fix gezahlten Taschengeld, welches nicht an irgendwelche Gegenleistungen geknüpft ist. „Dabei geht es nicht um alltägliche Selbstverständlichkeiten wie die Spülmaschine ausräumen, sondern um Dinge wie Fenster putzen oder Laub zusammenrechen.“ So würden Kinder schon früh verstehen, wie Arbeit und Geld zusammenhängen.
Mein Kind will mehr Taschengeld, was sagt man?
„Gut ist, wenn Eltern es schaffen, konsequent zu bleiben“, sagt Kirstin Wulf. Das heißt, sie überlegen sich, welche Summe sie für angemessen halten und zahlen können. Und auch, welche Ausgaben das Kind davon selbst übernimmt. Soll es von der Aufstockung zum Beispiel das Schulessen bezahlen, bekomme es unmittelbar mit, dass das Geld eine Weile halten muss. Eine Prüfung für die Eltern ist es, nicht auszuhelfen, wenn das Kind schon zu Beginn der Woche kein Geld mehr hat. „Kinder können diese Situationen aber bereits früh einordnen, um es künftig anders und besser zu machen“, sagt Wulf.
Darf das Kind mit dem Taschengeld machen, was es will?
„Es ist wichtig, dass den Kindern das Taschengeld völlig frei zur Verfügung steht“, sagt Psychologin Langmeyer-Tornier. Das bedeutet aber nicht, dass sich mit dem Taschengeld geltende Familienregeln außer Kraft setzen lassen. „Das Kind kann zwar für sein ganzes Taschengeld Süßigkeiten kaufen, essen darf es aber eben weiterhin nur eine Sache am Tag, wenn das so in der Familie vereinbart wurde“, nennt Langmeyer-Tornier ein Beispiel.
(Dieser Artikel erschien erstmals im Januar 2021)