Die Firmen heißen „Mucks! Games“, „Pixelcloud“, „Dreamcloud Interactive“ oder „framelocker“. Es sind die für die Videospiel-Branche typischen Fantasienamen. Acht Unternehmen nutzen die Gelegenheit, sich zur diesjährigen Gamescom am Messestand von Baden-Württemberg zu präsentieren. Sie repräsentieren somit einen kleinen Querschnitt der Spieleproduktion aus dem Südwesten der Republik.

Seit zehn Jahren bietet das Bundesland über die landeseigene Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MFG) jeweils einen Gemeinschaftsstand auf der Kölner Messe. Unter dem regional gefärbten Anglizismus „The Länd – Games made in Baden-Württemberg“ können die teilnehmenden Unternehmen ihre neuesten Entwicklungen präsentieren und internationale Kontakte knüpfen.

Das Landesministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus unterstützt den Messeauftritt, der aufzeigt, dass der Südwesten nicht nur für Autobau und Autozulieferung bekannt ist, sondern dass dort auch Unternehmen der Pixelbranche vertreten sind.

Die ganz große Bühne

Es ist die ganz große Bühne, die dieses Jahr mit der Gamescom geboten wird. In den Kölner Messehallen wird es eine Ausstellungsfläche von 230.000 Quadratmetern geben. Das ist Rekord. Rund 1200 Hersteller aus 63 Ländern präsentieren sich auf der Gamescom, sagte Gerald Böse, Geschäftsführer der Koelnmesse. Nachdem die Konkurrenz, die E3-Messe in Los Angeles in den USA, abgesagt worden ist, erfährt die Gamescom auf internationaler Bühne noch mehr Bedeutung.

Die weltweit größte Computer- und Videospielmesse Gamescom startet wieder in den Kölner Messehallen. Tickets gibt es nur im Online-Verkauf.
Die weltweit größte Computer- und Videospielmesse Gamescom startet wieder in den Kölner Messehallen. Tickets gibt es nur im Online-Verkauf. | Bild: dpa

Ob sich dies in den Besucherzahlen niederschlägt, werden die nächsten fünf Messetage zeigen. 373.000 Besucher drängten sich im Rekordjahr 2019 durch die Ausstellungshallen der Koelnmesse und belegten damit eindrucksvoll, das riesige Interesse an der Gaming-Branche. Vergangenes Jahr, nach der Corona-Pandemie, waren es bereits wieder 265.000 Branchenvertreter und Spielefans, die die Gamescom besuchten.

Es ist der Treff einer umsatzstarken und weiter wachsenden Branche. Der deutsche Computerspielemarkt gilt als der weltweit fünftgrößte. In den ersten beiden Quartalen dieses Jahres setzten Unternehmen in Deutschland bereits 4,73 Milliarden Euro um, wie der Computerspieleverband Game mitteilt. Das sei gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Anstieg von vier Prozent. Nur rund fünf Prozent der Umsätze entfallen allerdings auf deutsche Produktionen.

Spieleindustrie aus Baden-Württemberg

Dass die Gaming-Branche kein unbedeutender Wirtschaftszweig ist, hat man auch im politischen Berlin erkannt. So wird Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) die Gamescom am Donnerstag besuchen.

In Baden-Württemberg ist die Gaming-Branche mit 154 Firmen (Stand Juni 2023) vertreten, erklärt Yannick Wiesner, der für die Games-Förderung zuständige Projetmanager der Medien- und Filmgesellschaft. Davon seien 96 Unternehmen im Kernsegment – Spieleentwicklung und Publishing – tätig. Das sei gegenüber der Zählung im Juni 2022 ein Anstieg von zehn Prozent.

Insgesamt seien in der Branche gut 1500 Mitarbeiter beschäftigt. Zentren der Game-Branche bildeten in Baden-Württemberg die Städte Stuttgart, Ludwigsburg und Karlsruhe, sagt Wiesner. Bundesweit beschäftigt die Games-Branche rund 27.000 Personen. Das Land unterstützt die örtliche Spieleindustrie auch finanziell. Die „Games-BW-Förderung“ umfasse 1,1 Millionen Euro im Jahr, sagt Wiesner.

Auftritt von „The Länd“

Teil der Landesförderung ist auch der gemeinschaftliche Messestand auf der Gamescom. Mit einem eigenen Messestand sind nach Angaben der MFG 14 Unternehmen und Einrichtungen aus Baden-Württemberg auf der Gamescom vertreten.

Auch für kleine Spiele-Schmieden

Von der Unterstützung der MFG haben auch schon Markus Weiß und Robert Döhler profitiert. Dieses Jahr nehmen sie mit ihrer Firma „Couch in the Woods Interactive“ aber erstmals mit einem eigenen Auftritt an der Messe teil: So können sie ihr neues Computerspiel Graviators am Stand ihres finnischen Vertriebspartners präsentieren.

Markus Weiß hat die in Friedrichshafen ansässige kleine Spiele-Schmiede „Couch in the Woods Interactive“ mitgegründet. Von ...
Markus Weiß hat die in Friedrichshafen ansässige kleine Spiele-Schmiede „Couch in the Woods Interactive“ mitgegründet. Von einst vier Gründern ist noch Partner Robert Döhler mit von der Partie. Auf der diesjährigen Gamescom sind sie am Stand ihres finnischen Vertriebspartners Bonus Stage Publishing vertreten. | Bild: Couch in the Woods Interactive

„Die publikumsstarke Messe wollen wir vor allem für den Community-Aufbau nutzen“, sagt Weiß, der über sein Studium Digitale Medien an der Hochschule Furtwangen den Weg in die Games-Branche gefunden hat.

Dass die Gamescom auch für kleine Spiele-Schmieden eine ideale Bühne bietet, bestätigt Dennis Reimer, Geschäftsführer von Ten Eyes media Gmbh. Reimer hat im Jahr 2016 zusammen mit Kollege Thorsten Rehbogen das in Weingarten bei Ravensburg ansässige Unternehmen gegründet.

Vor der Corona-Pandemie habe man die Gelegenheit genutzt, am Messe-Stand von Baden-Württemberg, für ein Computerspiel aus dem Hause Ten Eyes media zu werben. Für die drei Köpfe kleine Firma sei der Auftritt auf der Gamescom „extrem hilfreich“ gewesen, sagt Reimer. In diesem Jahr verzichte man auf eine Teilnahme, da das Unternehmen mitten in der Entwicklung eines neuen Spiels stecke, sagt Reimer.

Dennis Reimer (l.) und Thorsten Rehbogen sind die Gründer von „Ten Eyes media“. Vor der Corona-Pandemie konnten sie ihr ...
Dennis Reimer (l.) und Thorsten Rehbogen sind die Gründer von „Ten Eyes media“. Vor der Corona-Pandemie konnten sie ihr Unternehmen am Gemeinschaftsstand des Landes Baden-Württemberg auf der Gamescom präsentieren. Der Auftritt sei für das Start-up „extrem hilfreich“ gewesen. | Bild: Ten Eyes media GmbH

Seine Spieleschmiede sei auch aus dem landeseigenen MFG-Fördertopf unterstützt worden, sagt der 32-jährige Geschäftsführer, der vor der Gründung des kleinen Unternehmens in Weingarten an der Technischen Hochschule studiert hat. Reimer würde sich einen leichteren Zugang zu Fördergeldern wünschen. Die Antragsverfahren seien hier sehr bürokratisch und aufwendig.

Aktuell muss jedoch die gesamte Computerspiel-Branche in Deutschland um den Fluss von Fördergeldern bangen. So soll der Fördertopf des Bundes, der im vergangenen Jahr 50 Millionen Euro umfasste und für dieses Jahr sogar auf 70 Millionen Euro aufgestockt wurde, im nächsten Jahr auf 48,7 Millionen Euro reduziert werden. Das schlägt das Bundeswirtschaftsministerium vor und verweist auf die angespannte Haushaltslage.

Der Verband der Deutschen Games-Branche sieht indes einen Förderbedarf von 125 Millionen Euro. Verschärft wird die Situation dadurch, dass das vom Bund vorgesehene Budget nur dafür ausreichen würde, um Ansprüche aus bereits genehmigten Anträgen bedienen zu können. Neue Förderanträge wären nächstes Jahr nicht möglich.