Millionen Bundesbürger denken noch mit Schrecken an den vergangenen Winter – die „teuerste Heizperiode aller Zeiten“, wie das Vergleichsportal Check24 die Kostenexplosion bei Heizöl, Gas und anderen Brennstoffen im Krisenjahr 2022 beschreibt. Inzwischen sind die Rekordpreise abgeschmolzen bei Gas, Öl und Holzpellets.
Doch für Heizölkunden könnte bald eine neue Teuerungswelle anstehen. Saudi-Arabien kündigte am Rande einer OPEC+-Konferenz an, ab Juli die Exportmenge zurückzufahren und eine Million Barrel Öl pro Tag weniger auf den Markt zu bringen. Verknappung geht in der Regel einher mit Verteuerung.
„Wer Nachschub für sein Haus braucht, kann die vergleichsweise günstige Lage aktuell zu Bevorratung nutzen“, sagt Oliver Klapschus, Geschäftsführer des Online-Portals Heizöl24. Extra Sparchance: Wer 2022 eine Riesenrechnung beim Heizöl-Kauf hatte, kann jetzt Hilfe vom Staat beantragen und bestenfalls bis zu 2000 Euro zurückholen.
Kunden auf der Lauer
Wer für sein Haus einige Tausend Liter Heizöl braucht, muss immer richtig viel Geld auf einen Schlag hinblättern. Für die etwa 20 Millionen Heizölkunden in Deutschland mache die Jagd nach dem bestmöglichen Kaufzeitpunkt deshalb viel Sinn, wie Hans Weinreuter erläutert, Energieexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Im Gegensatz zu Gaskunden haben es Eigentümer selbst in der Hand zuzugreifen, wenn sich Preisdellen bieten.
Ein solcher Zeitpunkt könnte gekommen sein: Momentan bewegt sich der Literpreis im Schnitt um die 90-Cent-Marke (bei einer Liefermenge von 3000 Litern), wie Klapschus erläutert. „Damit sind wir wieder auf einem einigermaßen vernünftigen Level angekommen, ähnlich dem von Anfang 2022, bevor der Ukraine-Krieg ausbrach.“ Anfang Juni vergangenen Jahres lag der Preis für Heizöl bei stolzen 1,43 Euro pro Liter – bevor er dann bis auf 1,75 Euro und mehr davongaloppierte.
„Momentan läuft der Markt noch in einer Seitwärtsphase, was Planungssicherheit bringt“, sagt Klapschus. Sein Rat an Heizölkunden: Über eine antizyklische Bevorratung diesen Sommer nachdenken, den Ölpreis die kommenden Wochen fest im Blick behalten und auf Preisdellen lauern. Die gibt es immer mal, meist kurzfristig.
Viele Heizöl-Händler und Vermittlungsportale bieten Preisalarm-Apps an, die über die Preisentwicklung informieren. „Vielleicht lassen sich ja nochmal Einkaufspreise um die 85 Cent abgreifen in nächster Zeit, das ist nicht ausgeschlossen“, so der Fachmann.
Was der Juli an möglicher Teuerung bringt, ob womöglich noch mehr Opec-Staaten mitziehen, wisse niemand. Unabhängig von der politischen Entwicklung sei klar: Sobald die Urlaubszeit vorbei ist und der Herbst vor der Tür steht, laufen auch die Heizöl-Bestellungen wieder stärker an. Hohe Nachfrage, höhere Preise.
Härtefall-Regelung
Weil viele Bürger 2022 sehr viel Geld für die Brennstoffe Öl, Pellets, Holz, Kohle und Flüssiggas zahlen mussten, gibt es seit Mai eine neue Härtefall-Regelung der Bundesregierung. Und die besagt: Wer zwischen 2. Januar und 1. Dezember 2022 mindestens einmal doppelt so viel gezahlt hat für seinen Brennstoff wie noch 2021, hat eine Geld-zurück-Chance. Das gilt auch für Vermieter.
Der Vergleichspreis für Heizöl 2021 beispielsweise wurde auf 71 Cent pro Liter festgelegt. Musste ein Heizöl-Kunde 2022 also mindestens 1,42 Euro zahlen, kann er mit Nachweis der Rechnung die Härtefall-Hilfe beantragen.
Von jedem Euro, den Bürger über die Preisverdoppelung hinaus zahlten, wird der Staat 80 Prozent übernehmen. Damit sind zwischen 100 bis 2000 Euro Rückzahlung pro Haushalt drin.
Für die Bearbeitung der Anträge sind die Bundesländer zuständig. Der Bund stellt insgesamt 1,8 Milliarden Euro für Härtefälle zur Verfügung. Aber: Die finanzielle Hilfe muss bis spätestens 20. Oktober 2023 beantragt sein. Wer mit Gas, Fernwärme oder Wärmepumpe heizt, dem griff der Staat bereits mit Preisbremsen unter die Arme.
Das Land Baden-Württemberg hat auch eine Telefon-Hotline eingerichtet, die bei Frage zur Heizöl-Hilfe beraten kann: Die Service-Nummer ist unter 0711/1261600 von Montag bis Freitag zwischen 9 Uhr und 17 Uhr freigeschaltet. Sie sollte aber nur in Ausnahmefällen genutzt werden, im Normalfall läuft die Beantragung über dieses Portal. Nicht über das Hamburger Aussehen wundern: Die Hansestadt stellt das Portal für verschiedene Bundesländer bereit.
Für den Antrag benötigt werden: Die Heizölrechnung, die eigene Steuernummer, der Kontoauszug, der nachweist, dass die Rechnung bezahlt wurde, der aktuelle Feuerstättenbescheid und Bilder des Personalausweises. Es kann helfen, auf dem PC einen Ordner einzurichten, in dem alle eingescannten Unterlagen gesammelt werden.
Sammelbestellungen
Wer sparen will, sollte sich obendrein an Sammelbestellungen dranzuhängen. Viele Hausverwaltungen bieten das an. Oft tun sich auch Nachbarn zu privaten Einkaufsgemeinschaften zusammen. Damit können ein, zwei Euro Nachlass pro 100 Liter drin sein, so Klapschus.
Aber: Die Nachbarn sollten möglichst in einer Siedlung wohnen. Muss der Lieferant viel hin- und herfahren, rechnen sich die Wege nicht mehr. Zu große Sammelbestellungen bringen auch nichts. Ab 32.000 Litern, dem maximalen Inhalt eines Tankwagens, wird eine zweite Fuhre notwendig.
Mit 3000 Litern kann ein Einfamilienhaus 1 bis 1,5 Jahre lang beheizt werden, je nach Alter des Brenners und Modernisierungsstand des Gebäudes. „Teilmengen tanken, um einen akzeptableren Durchschnittpreis zu erwischen, war letztes Jahr noch schwer im Trend“, erklärt Klapschus. Das sollten Verbraucher in diesem Sommer vermeiden. Kleinmengen unter 1500 Litern sind momentan nur mit Aufpreis zu haben.