„Trotz der russischen Aggression gegen die Ukraine bleibt Ritter Sport in Russland. Viel Glück noch“, schreibt Andriy Melnyk, Botschafter der Ukraine, auf Twitter. Zuvor hat die ZDF-Heute-Show bekannt gemacht, dass der Schokoladenhersteller weiter nach Moskau liefert.

„Russland ohne Ritter Sport? Undenkbar!“, lästert die Satiresendung und zeigt einen Werbespot, in dem ein russisches Paar in einem pinkfarbenen Cabrio ins Glück fährt.

Ist der Shitstorm in sozialen Medien gerechtfertigt?

In den sozialen Medien hat das einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. „Leute, ich bin quasi Ritter-‚Schokoholiker‘ der ersten Stunde, aber jetzt ist kalter Entzug angesagt. Profit ist euch wohl wichtiger als Moral und Solidarität“, schreibt Stefan Bucherer auf der Facebookseite des Unternehmens.

„Stimmt es, dass Ihr für Russland jetzt die Geschmacksrichtungen ‚Verbrannter Ukrainer‘ auf den Markt bringen wollt, um den völkerrechtswidrig agierenden Truppen Putins den Angriff zu versüßen?“, will Tom Oberberger wissen. Auch auf Twitter erntet das Unternehmen meist ätzende Kommentare.

In der Firmenzentrale schrillen die Alarmglocken. Deutliche Kritik sei online an den derzeitigen Handelsbeziehungen von Ritter Sport nach Moskau geäußert worden, bestätigt Pressesprecher Thomas Seeger in Waldenbuch.

Für den Schokoladenhersteller, der sich sonst als besonders nachhaltig und sozial in Szene setzt, ist die Entwicklung ein Schlag ins Kontor. Denn nun geht es um Glaubwürdigkeit. Vor vier Jahren hat Ritter noch den Deutschen Nachhaltigkeitspreis gewonnen.

Ritter setzt auf fairen Kakao

Nach eigenen Angaben ist die Firma bislang der einzige große Tafelschokoladenhersteller, der das gesamte Sortiment ausschließlich mit zertifiziert nachhaltigem Kakao produziert. Zudem gibt sich die Eignerfamile als offen und kunstsinnig. Dazu wurde eigens auf dem Firmengelände ein Museum errichtet, wo unter anderem die Sammlung Marli Hoppe-Ritter präsentiert wird.

Das könnte Sie auch interessieren

Das Unternehmen sucht nun einen Ausweg aus dem Spagat von wirtschaftlicher Notwendigkeit und angeknackstem Ansehen. Für den Mittelständler handelt es sich also um einen sehr bedeutenden Markt. Jeder zehnte Euro wird dort verdient.

Dort läuft das Geschäft gut, während etwa in deutschen Supermärkten der Preiskampf bis auf den letzten Cent ausgefochten wird. Das spielt aktuell eine noch größere Rolle, denn auch der Schokoladenhersteller kämpft mit den Folgen von rasant steigenden Kosten für Energie, Transport, Verpackung und Grundmaterialien.

Eine Mitarbeiterin des Schokoladenherstellers Alfred Ritter prüft in Waldenbuch die Verpackung einer Tafel Schokolade.
Eine Mitarbeiterin des Schokoladenherstellers Alfred Ritter prüft in Waldenbuch die Verpackung einer Tafel Schokolade. | Bild: Marijan Murat, dpa

„Wir werden keine weitere Werbung dort machen“, betont Seeger mit Blick auf Russland, „und wir werden dort nicht weiter investieren.“ Verkaufen aber will Ritter weiterhin, denn der Wegfall des russischen Geschäfts würde einen schmerzlichen Einschnitt bedeuten, wie der Sprecher einräumt.

Schon vor der Invasion in die Ukraine hatte Geschäftsführer Ronken die Wachstumsziele von 700 Millionen Umsatz bis 2025 als „herausfordernd“ bezeichnet.

So begründet Ritter die Entscheidung

Deshalb sollen weiter einige tausend Tonnen Schokolade in den Osten geliefert werden. Einfach habe es sich die Firma nicht gemacht, wird versichert. „Wir haben jedoch unsere ganze Lieferkette mit einberechnet. Nicht nur die 100 Vertriebsmitarbeiter in Russland, auch die Beschäftigten in Waldenbuch und unsere Produzenten in Nicaragua und Westafrika, die ohne die Schoko-Lieferungen nach Russland ihre Einnahmen oder ihre Jobs verlieren“, so Seeger.