Lukas von Hoyer

Durch die Neue Grundsicherung, die schon bald das Bürgergeld ablösen soll, möchten Union und SPD mehr Menschen in Arbeit bringen. Aus dem Koalitionsvertrag geht hervor, dass das vor allem durch mehr Geld funktionieren soll, das den Jobcentern für die Vermittlung gezahlt werden soll. Doch schon jetzt unterstützen Jobcenter Arbeitslose, um den Weg ins Berufsleben zu finden – und zwar teilweise mit viel Geld, wie ein aktuelles Beispiel zeigt.

Die Bild berichtet von einem Fall, in dem ein Jobcenter die Kosten für einen Bus-Führerschein für einen Arbeitslosen übernommen hat. Kostenpunkt: 20.204,82 Euro. Der Betrag, den die Zeitung durch eine Fotografie eines Bescheids des Jobcenters belegt, kam durch eine sechsmonatige Weiterbildung zustande, die der Mann im Zuge einer Umschulung zum Busfahrer absolvierte. Doch ist es die Regel, dass derart hohe Summen übernommen werden, um den Führerschein von Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld zu bezahlen und ihnen dadurch in einen Job zu verhelfen?

Wann zahlt das Jobcenter einen Bus-Führerschein?

Weiterbildungen werden von der Bundesagentur für Arbeit (BA) mit Bildungsgutscheinen gefördert. „Grundsätzlich ist jede Förderung eine Einzelfallentscheidung und wird dann bewilligt, wenn sie erforderlich und nachhaltig ist“, stellt eine Sprecherin des Jobcenters Augsburg auf Nachfrage unserer Redaktion klar. Demnach werden verschiedene Voraussetzungen geprüft. „Einen Bildungsgutschein erhalten Menschen nur dann, wenn die Weiterbildung notwendig ist, damit Arbeitslosigkeit beendet oder drohende Arbeitslosigkeit abgewendet wird. Daneben müssen auch individuelle Voraussetzungen erfüllt sein“, erklärt ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit auf Nachfrage unserer Redaktion.

Folglich können auch Bus-Führerscheine von Jobcentern übernommen werden, wenn durch eine solche Weiterbildung gute Chancen bestehen, dass die betroffene Person eine Arbeit findet. „Die Förderung eines Führerscheins ist grundsätzlich möglich, die Kosten hierzu sind im Vergleich zu anderen Förderungen natürlich sehr hoch“, bestätigt die Sprecherin des Jobcenters Augsburg. Der BA-Sprecher betont in diesem Zuge, dass die Förderentscheidung von den entsprechenden Bedarfen nach Busfahrerinnen und Busfahrern am lokalen Arbeitsmarkt abhängt. Neben einer individuellen Fördervoraussetzung, die gegeben sein muss, braucht es also auch eine arbeitsmarktpolitische Notwendigkeit, die vom Wohnort abhängt.

Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld dürften bei Führerscheinen gute Chancen auf einen Bildungsgutschein haben, denn die Berufsgruppe „Führer von Fahrzeug- u. Transportgeräten“ hat eine hohe Eingliederungsquote zu bieten. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit finden 61,5 Prozent der Personen, die in diesem Bereich eine berufliche Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen haben, einen entsprechenden Job. „Insgesamt liegt die Eingliederungsquote von Bürgergeldempfängern bei einer Förderung der beruflichen Weiterbildung mit Abschluss bei 39 Prozent“, verrät uns der BA-Sprecher.

Übrigens: Eine Erhöhung des Bürgergeld-Satzes ist mit der Neuen Grundsicherung nicht zu erwarten. Stattdessen soll ein Bewerbungszwang eingeführt werden und die Schonzeit für das Vermögen wegfallen.

Jobcenter übernimmt Führerschein-Kosten – gibt es eine Obergrenze?

Die Kosten für Führerscheine sind höher als die meisten anderen Beträge, die von den Jobcentern für Weiterbildungen gezahlt werden. Sie werden durch die „Bundesdurchschnittskosten“ geregelt, die in einem Dokument auf der offiziellen Website der Bundesagentur für Arbeit zum Download bereitsteht. Auf Seite 19 sind dort die zu erwartenden Kosten für Führerscheine aufgelistet. Für einen Busführerschein der Klasse D werden demnach 278 Stunden à 36,68 Euro erwartet, wenn die betreffende Person weniger als zwei Jahre einen Führerschein der Klasse B besitzt. Wenn der oder die Auszubildende länger als zwei Jahre einen B-Führerschein wird mit 210 Fahrstunden mit dem Schwellenwert von je 38,67 Euro gerechnet.

Auf 20.000 Euro oder mehr kommt man mit diesen Werten nicht. Im ersten Fall lässt sich ein Betrag von rund 10.000 Euro errechnen. Die Stundensätze stellen allerdings keine starre Obergrenze dar, sondern dienen zur Orientierung. „Falls ein Maßnahmeteilnehmender nicht im Rahmen der vorgesehenen Kosten das Bildungsziel erreicht, teilt dies der Bildungsträger mit. Hierbei muss klar begründet werden, warum das Ziel nicht in der Zeit erreicht werden kann und wann es voraussichtlich erreicht wird. Die Vermittlungsfachkraft prüft daraufhin, ob eine Verlängerung mit höheren Kosten bewilligt wird oder nicht“, erklärt der BA-Sprecher.

In Einzelfällen kann es daher dazu kommen, dass ein Jobcenter weit mehr als 10.000 Euro in die Hand nimmt, um Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfängern einen Führerschein zu ermöglichen. Die Ursache für höhere Kosten seien ausnahmslos „individuelle Fallkonstellationen“, sagt der BA-Sprecher. In manchen Fällen würden die Betroffenen „mehrere Hemmnisse“ aufweisen. Häufig werden Sprachdefizite zum Problem.

Bei der Bewertung der Einzelfälle ist laut der Bundesagentur für Arbeit wichtig, dass das Bildungsziel weiterhin realistisch ist. Außerdem muss die Wirschaftlichkeit gegeben sein, stellt der BA-Sprecher klar.

Auch interessant: Laut einer Studie hungern viele Bürgergeld-Empfänger und -Empfängerinnen. Außerdem berichten einige Jobcenter von kriminellen Machenschaften rund um das Bürgergeld.