Lukas von Hoyer

Die SPD hat das Bürgergeld zum 1. Januar 2023 zusammen mit den Grünen und der FDP eingeführt, eine SPD-Politikerin soll es nun einmotten. Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas ist dafür zuständig, dass aus dem Bürgergeld die Neue Grundsicherung wird, auf die sich SPD und Union in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt haben. Mit dem neuen Konzept sollen vor allem ein Bewerbungszwang und schärfere Sanktionen für Empfängerinnen und Empfänger möglich werden. Auch eine komplette Streichung des Bürgergeldes für sogenannte „Totalverweigerer“ wird in diesem Zuge diskutiert. Doch wie steht es um die Höhe der Grundsicherung? Wird der Betrag gesenkt oder sogar angehoben? Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat sich dazu noch nicht konkret geäußert. Es gibt allerdings erste Hinweise.

Senkung des Bürgergeld-Regelsatzes ist wohl nicht möglich

Der Regelsatz des Bürgergeldes liegt derzeit bei 563 Euro im Monat. Das ist dem Sozialgesetzbuch SGB II zu entnehmen. Eine Senkung dieses Betrages ist nicht möglich, wenn es nach dem Grundgesetz geht. Dieses hält die Bundesregierung zur Wahrung des Existenzminimums an. „Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind“, heißt es dazu in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010. Das Existenzminimum muss „auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren“ bestimmt werden.

Entsprechende Zahlen finden sich im Existenzminimumbericht, der alle zwei Jahre erscheint. Der aktuellen Ausgabe, die am 5. November 2024 erschienen ist, ist zu entnehmen, dass der aktuelle Regelsatz bereits das Minimum darstellt. „Auf Basis der diesjährigen Herbstprojektion 2024 der Bundesregierung wird zum 1. Januar 2026 unterstellt, dass es keinen Anstieg der Regelbedarfsstufen geben wird, d. h. die Beträge des Jahres 2025 würden unverändert weitergelten“, heißt es im Bericht: „Für die Zwecke dieses Berichts wird damit für 2025 bzw. 2026 ein Regelbedarfsniveau bei Alleinstehenden von 6756 Euro (563 Euro/Monat) und bei Ehepaaren von 12.144 Euro (1012 Euro/Monat) angesetzt.“

Die Bundesregierung kann die Grundsicherung folglich nicht kürzen. Auch das Sozialgesetzbuch macht das unmöglich. In diesem ist geregelt, dass entsprechende Leistungen nicht dauerhaft gekürzt werden dürfen. Auch dann nicht, wenn der Regelbedarf der Grundsicherung über dem Existenzminimum liegen würde. In einem solchen Szenario würde der Leistungssatz so lange unverändert bleiben, bis er unter das Existenzminimum rutscht und daher angehoben werden muss.

Neue Grundsicherung: Bundesregierung könnte Anpassungsmechanismen ändern

Eine Sache kann die Bundesregierung dann doch beeinflussen: den Anpassungsmechanismus, der besagt, wie die Regelsätze angepasst werden dürfen. Das haben Union und SPD auch vor. „Wir werden den Anpassungsmechanismus der Regelsätze in Bezug auf die Inflation auf den Rechtsstand vor der Corona-Pandemie zurückführen“, steht im Koalitionsvertrag. Die Neue Grundsicherung soll sich also berechnen, wie es bei Hartz IV der Fall war.

Der Plan legt nahe, dass die „ergänzende Fortschreibung“ wegfallen soll, die mit dem Bürgergeld eingeführt wurde. „Mit der ergänzenden Fortschreibung wird der aktuell verfügbaren Preisentwicklung Rechnung getragen“, erklärt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Demnach werden Ergebnisse aus der Basisfortschreibung zusätzlich anhand der durchschnittlichen Entwicklung der Preise, die für den Regelbedarf relevant sind, fortgeschrieben. Das geschieht „in dem Dreimonatszeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni gegenüber dem gleich abgegrenzten Dreimonatszeitraum des Vorjahres“, heißt es im BMAS-Bericht. Demnach wird die Veränderungsrate „ebenfalls vom Statistischen Bundesamt ermittelt. Der auf volle Euro gerundete Endbetrag ergibt die jeweils geltenden Regelbedarfsstufen.“

Die ergänzende Fortschreibung führte zu einer Erhöhung des Bürgergeld-Regelsatzes, da die Inflationsrate höher bewertet wurde als das noch beim alten System der Fall war – und wohl beim neuen System der Fall sein wird.

Auch interessant: Ein Faktencheck deckt auf, dass Bürgergeld nicht in die Ukraine überwiesen werden soll. Die Bundesregierung plant allerdings einen Bürgergeld-Stopp für Neu-Geflüchtete aus der Ukraine.

Sozialverbände kritisieren: Regelsatz der Grundsicherung zu niedrig

Einige Sozialverbände kritisieren den Regelsatz unterdessen als zu niedrig. Der Wohlfahrtsverband legt nahe, dass der Regelsatz bei 813 Euro liegen sollte. Diese Analyse ergebe sich aus einem Statistikmodell, das bei der Berechnung konsequent angewendet wird. Auch die Streichung von Bereichen soll dabei berücksichtigt werden. Die Hans-Böckler-Stiftung kritisiert, dass bei der Berechnung der Regelsätze der Durchschnitt aller Konsumgüter einbezogen wird. Einzelne Güter, die nicht in besonderer Weise berücksichtigt würden, hätten sich demnach extremer entwickelt. Das gelte beispielsweise für den Strompreis und Nahrungsmittel.

Ein Plan der Bundesregierung, die Regelsätze bei der Neuen Grundsicherung anzuheben, ist allerdings nicht bekannt. Ein solcher ist auch nicht im Koalitionsvertrag festgehalten. Bis 2027 wird es daher wohl bei 563 Euro im Monat bleiben. Dann wäre wieder eine Erhöhung möglich, die sich auf den neuen Existenzminimumbericht stützen könnte.