Die Entwicklung der Regelsatzhöhe beim Bürgergeld beziehungsweise seinem Vorgänger Hartz IV folgt seit Jahren einem Aufwärtstrend: Für alleinstehende Leistungsberechtigte etwa erhöhte sich der Regelbedarf der Bundesagentur für Arbeit zufolge innerhalb der letzten 20 Jahre um insgesamt 218 Euro. Empfängerinnen und Empfängern der Sozialleistung stehen aktuell je nach Regelbedarfstufe bis zu 563 Euro pro Person zu. Die letzte Bürgergeld-Erhöhung fand allerdings bereits zum 1. Januar 2024 statt – 2025 folgte eine sogenannte Nullrunde. Doch wie sieht der Plan für das kommende Jahr aus? Werden die Regelsätze 2026 wieder angehoben?
Wann und warum wird das Bürgergeld erhöht?
Das Bürgergeld soll als Leistung des Sozialstaats laut Bundesregierung zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums beitragen. Wie viel Geld notwendig ist, um dieses zu gewährleisten, wird jährlich mittels eines gesetzlich festgelegten Verfahrens überprüft, wobei die Bedarfshöhen gegebenenfalls angepasst werden.
Angesichts der stark angestiegenen Energiepreise und Lebenshaltungskosten im Jahr 2022 wurde die Ermittlung der Regelbedarfe angepasst. Seit Anfang 2023 werden dabei nicht mehr nur die Preis- und Lohnentwicklung, sondern auch die aktuelle Inflationsrate berücksichtigt, wie die Bundesregierung auf ihrer Website erläutert. Demnach wurde auch für 2024 eine Erhöhung des Bürgergelds um zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr beschlossen. Alleinstehende Erwachsene erhielten damit 61 Euro mehr als 2023.
Aufgrund der inzwischen sinkenden Inflation hätten 2025 nach Angaben der Bundesregierung rein rechnerisch auch die Regelsätze beim Bürgergeld verringert werden müssen. Doch die sogenannte Besitzschutzregelung nach Paragraf 28a Absatz 5 SGB XII verhindert ein Absenken der Beträge. Einmal beschlossene Regelsatzhöhen müssen in den Folgejahren mindestens beibehalten werden. So kam es im Jahr 2025 zu einer Nullrunde.
Bürgergeld 2026: Soll es eine Erhöhung der Regelsätze geben?
Wie bereits in diesem Jahr können Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger auch 2026 nicht mit einer Erhöhung rechnen. Wie ein Sprecher des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) auf Anfrage der Welt bestätigte, sei für das kommende Jahr keine Anhebung der Regelbedarfshöhen geplant. Offiziell soll diese Entscheidung nach Angaben der Tagesschau am 10. September durch das Bundeskabinett beschlossen werden. Die erneute Nullrunde sei bereits im Vorhinein abzusehen gewesen, heißt es dort weiter.
Statt mehr Geld soll es Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas zufolge künftig härtere Sanktionen für Bürgergeldbeziehende geben, die etwa Termine beim Jobcenter versäumen. „Ich sorge für mehr Zug in der Betreuung. Wer ohne Grund nicht zum Termin kommt, dem wird jetzt deutlich mehr gestrichen“, kündigte die SPD-Politikerin in der Bild-Zeitung an. Sie wolle Menschen bei der Jobsuche stärker unterstützen, doch wer sich der Arbeitsvermittlung verweigere, „dem machen wir es deutlich schwerer“, so Bas.
Wie reagieren Politik und Sozialverbände auf die geplante Nullrunde 2026?
Mitglieder der Regierungsparteien Union und SPD befürworteten die erneute Nullrunde beim Bürgergeld. So bezeichnete Parlamentsgeschäftsführer Steffen Bilger (CDU) die ausbleibende Erhöhung der Regelbedarfe im Interview mit der Rheinischen Post als „richtiges Signal“ und grundlegende Änderungen, wie die von Bas geplante Ausweitung von Betreuungsmaßnahmen und Sanktionen, als „überfällig“. Und auch vonseiten der SPD erhält das geplante Vorgehen Rückendeckung: Dabei handele es sich um einen weiteren Schritt in Richtung einer notwendigen Reform des Bürgergelds, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Dirk Wiese der Rheinischen Post.
Deutliche Kritik kam hingegen von der Linken. Nach Ansicht des Parteichefs Jan van Aken betreibe Bas mit ihren Plänen eine Politik, „die bei den Ärmsten knausert und den Superreichen nützt“, wie er der Rheinischen Post mitteilte. Die weitere Nullrunde beim Bürgergeld kritisierte die sozialpolitische Sprecherin der Linken, Cansin Köktürk, gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland als „eine zutiefst ungerechte Entscheidung und ein unverantwortlicher Angriff auf das Existenzminimum“. Auch BSW-Parteichefin Sahra Wagenknecht sprach sich gegen die ausbleibende Erhöhung aus: „Diese Entscheidung ist falsch und Willkür der Ministerin“, erklärte sie der Berliner Morgenpost.
Sowohl der Paritätische Gesamtverband als auch der Sozialverband Deutschland warfen der Koalition vor, durch dieses Vorgehen die soziale Spaltung voranzutreiben. „Die zweite Nullrunde im Bürgergeld hintereinander bedeutet mehr Not und wachsende Ausgrenzung derer, die am wenigsten haben“, mahnte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Joachim Rock, in der Stuttgarter Zeitung. Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, bezeichnete es gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland als unverantwortlich, mit Sparmaßnahmen beim Bürgergeld das Existenzminimum infrage zu stellen.