Schon vor der Bundestagswahl 2025 hat Friedrich Merz (CDU) angekündigt, eine völlig andere Politik als die Ampel-Regierung zu machen, falls er gewählt werden sollte. Ein Projekt der Ampel, gegen das er seit Monaten austeilte: das Bürgergeld. Was ein Kanzler Merz für Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger bedeutet und welche Veränderungen eine Koalition aus Union und SPD plant, erfahren Sie hier.
Was ändert sich 2025 sowieso beim Bürgergeld?
Im Januar 2023 hat die Ampel-Regierung die Bürgergeld-Regelung eingeführt und damit „Hartz-IV“ abgelöst. Das Bürgergeld „soll denjenigen ein menschenwürdiges Existenzminimum sichern, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen decken können“, heißt es auf bundesregierung.de.
Bisher musste man mit einer stufenweisen Kürzung des Bürgergelds rechnen, wenn man eine „zumutbare“ Arbeit, Ausbildung oder Eingliederungsmaßnahme ohne triftigen Grund abgelehnt hat. Diese stufenweise Kürzung des Bürgergelds wollte die Ampel-Regierung allerdings abschaffen. Wer eine zumutbare Arbeit ohne triftigen Grund ablehnt, dem sollte das Bürgergeld um 30 Prozent für drei Monate gekürzt werden können. Außerdem wollte die Ampel-Regierung, dass sich Menschen, die kurzfristig arbeiten können, einmal pro Monat im Jobcenter melden müssen.
Auch interessant: Nicht nur Arbeitslose können Bürgergeld beantragen, sondern auch manche Menschen in anderen Situationen mit dem Bürgergeld ihr Gehalt aufstocken. Und wer Anspruch auf Bürgergeld hat, kann auch andere Leistungen empfangen oder günstiger bekommen.
Welche Pläne haben die CDU und Merz für das Bürgergeld?
Vor allem die CDU und die FDP kritisierten das Bürgergeld in der Vergangenheit immer wieder scharf und forderten für „arbeitsunwillige Empfänger“ schärfere Sanktionen. So hat der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in einem Interview verlangt, sogenannten „Totalverweigerern“ das Bürgergeld zu streichen – obwohl eine solche Maßnahme mit dem deutschen Recht unvereinbar ist. Bereits im November 2019 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass eine Kürzung von 100 Prozent nicht zulässig ist, schreibt tagesschau.de.
Auch Friedrich Merz kritisiert das Bürgergeld regelmäßig scharf. Dabei trifft er kontroverse Aussagen wie „In jedem zweiten Betrieb sagen Mitarbeiter: ‚Ich gehe jetzt ins Bürgergeld‘“, wie die Frankfurter Rundschau ihn zitiert. Auch in der ARD-Wahlarena (Sendung vom 17. Februar) vor der Bundestagswahl bekräftigte Merz seine Forderung und konkretisierte, 1,8 Millionen Menschen das Bürgergeld streichen zu wollen – wenngleich die tatsächliche Zahl der Arbeitsunwilligen der Agentur für Arbeit zufolge weit niedriger liege
Zwar sind rund 1,8 Millionen Bürgergeld-Empfänger grundsätzlich erwerbsfähig, doch 90 Prozent von ihnen haben laut Bundesagentur für Arbeit erhebliche Vermittlungshemmnisse, wie merkur.de schreibt. Nur etwa 235.000 Bürgergeld-Bezieher gelten als vollständig arbeitsfähig – und selbst davon sind viele alleinerziehend oder ohne Berufsausbildung.
Vor der Wahl äußerte Merz folgende Pläne für das Bürgergeld, die nun Gegenstand der Koalitionsverhandlungen sind:
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Neue Grundsicherung statt Bürgergeld: Merz will mit Kürzungen noch weiter gehen als die Ampel: Er will das Bürgergeld abschaffen und stattdessen eine neue Regelung mit dem Namen „Neue Grundsicherung“ einführen. Laut Merz soll dieses System die Eigenverantwortung der Bürger stärker betonen und Missbrauch verhindern, wie der Bayerische Rundfunk erklärte. In den Sondierungsgesprächen zwischen CDU, CSU und SPD wurde inzwischen beschlossen, das Bürgergeld abzuschaffen und durch die „Neue Grundsicherung“ zu ersetzen. „Wir werden das bisherige Bürgergeldsystem neu gestalten, hin zu einer Grundsicherung für Arbeitssuchende“, so der CDU-Chef auf einer Pressekonferenz nach den Sondierungsgesprächen.
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Strengere Sanktionen: Merz plant der Frankfurter Rundschau zufolge, Sanktionen deutlich zu verschärfen. So soll schon das Verpassen eines einzigen Termins im Jobcenter ausreichen, um das Bürgergeld vorenthalten zu können. Werden mehrere Termine versäumt, könnten Sozialleistungen gänzlich gestrichen werden. Die CDU argumentiert, dass dies ein Hinweis auf fehlende Bedürftigkeit sei. Aktuell sieht es so aus, dass sich CDU und SPD darauf einigen, dass Sanktionen bereits beim ersten versäumten Termin greifen und bei wiederholten Verstößen zu vollständigen Leistungskürzungen führen.
Die Pläne der CDU stoßen schon länger nicht nur bei politischen Gegnern, sondern auch bei Gewerkschaften auf scharfe Kritik. Die Gewerkschaft Verdi nennt die Vorschläge „menschenverachtend und verfassungswidrig“. Sie verweist darauf, dass das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2019 entschieden hat, dass eine Kürzung von Sozialleistungen um 100 Prozent nicht zulässig ist. Dieses Recht leitet sich aus Artikel 1 (Unantastbarkeit der Menschenwürde) und Artikel 20 (Sozialstaatsprinzip) des Grundgesetzes ab. Außerdem wird befürchtet, dass die strikteren Regeln insbesondere vulnerable Gruppen wie Alleinerziehende oder ältere Arbeitssuchende hart treffen könnten.
Zusammenfassend dürfte trotz großer Ankündigungen auch eine Regierung unter Friedrich Merz Schwierigkeiten damit haben, Bürgergeld-Kürzungen über die bisherigen 30 Prozent durchzusetzen.