Im Januar 2023 wurde das Bürgergeld eingeführt. Mittlerweile hat sich der „Hartz IV“-Nachfolger allerdings zu einem Reizthema für die Ampel-Koalition entwickelt. Vor allem die CDU und die FDP kritisieren das Bürgergeld immer wieder heftig und fordern für angeblich arbeitsunwillige Empfänger schärfere Sanktionen. So hat der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in einem Interview verlangt, sogenannten „Totalverweigerern“ das Bürgergeld zu streichen — obwohl eine solche Maßnahme mit dem deutschen Recht unvereinbar ist.
Trotzdem könnten bald schärfere Sanktion auf Bürgergeldempfänger zukommen, die eine zumutbare Arbeit ohne einen triftigen Grund ablehnen. Das hat die Ampel-Regierung im Zug der sogenannten „Wachstumsinitiative“ beschlossen. Doch bis zu welcher Grenze soll eine Kürzung des Bürgergelds in Zukunft möglich sein? Und was gilt überhaupt als eine „zumutbare“ Arbeit? Die Antwort auf diese Frage lesen Sie in diesem Text.
Grenze: Wie weit kann das Bürgergeld gekürzt werden?
Bisher musste man mit einer stufenweise Kürzung des Bürgergelds rechnen, wenn man eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Eingliederungsmaßnahme ohne triftigen Grund abgelehnt hat.
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Bei der ersten Pflichtverletzung konnte das Bürgergeld laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales um zehn Prozent für einen Monat gekürzt werden.
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Bei einer zweiten Pflichtverletzung war bereits eine Kürzung von 20 Prozent für zwei Monate möglich.
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Und bei einer Dritten um 30 Prozent für drei Monate.
Diese stufenweise Kürzung des Bürgergeldes möchte die Ampel-Regierung jetzt abschaffen. Wer eine zumutbare Arbeit ohne triftigen Grund ablehnt, dem soll das Bürgergeld in Zukunft um 30 Prozent für drei Monate gekürzt werden.
Außerdem will die Ampel-Regierung, dass sich Menschen, die kurzfristig arbeiten können, einmal pro Monat im Jobcenter melden müssen. „Bei einem Meldeversäumnis soll das Bürgergeld für einen Monat um 30 Prozent gekürzt werden, bisher waren es zehn Prozent für einen Monat.“
Kurzfristig arbeiten können für die Ampel-Regierung alle Menschen, die „keine Fortbildung“ machen oder „Erziehungspflichten“ nachgehen. So steht es auf der Website des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Bei sogenannten „Totalverweigerern“ will die Ampel-Regierung wieder verstärkt auf 1-Euro-Jobs setzen. „Damit soll der schrittweise Einstieg in den Arbeitsmarkt befördert werden.“
Schon gewusst? Das Bürgergeld ist eine Leistung des Sozialstaats und soll laut der Bundesregierung denjenigen ein menschenwürdiges Existenzminimum sichern, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen decken können. Doch einer neuen Studie zufolge nehmen viele Berechtigte das Bürgergeld überhaupt nicht in Anspruch. Darunter: viele Rentner.
Bürgergeld-Kürzung: Was gilt als zumutbare Arbeit?
Bei der Debatte um das Bürgergeld fällt immer wieder der Begriff „zumutbare“ Arbeit. Doch was ist damit gemeint?
Als „zumutbar“ gelten laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales alle Tätigkeiten, die den Leistungsberechtigten physisch und psychisch möglich sind und nicht gegen gesetzliche Regelungen verstoßen.
Ob diese Tätigkeiten fair entlohnt werden, ist für das Ministerium nicht wichtig. Erst, wenn ein Lohn als „sittenwidrig“ gilt und damit 30 Prozent unter dem jeweiligen ortsüblichen Lohn liegt, kann man das Jobangebot ablehnen.
Auch der Arbeitsweg entscheidet darüber, ob eine Arbeit unter die Kategorie „zumutbar“ fällt:
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Bislang galt ein täglicher Arbeitsweg von insgesamt 2,5 Stunden als „zumutbar“, wenn man mehr als sechs Stunden pro Tag arbeitet.
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Das soll sich mit der „Wachstumsinitiative“ ändern. Bürgergeldempfänger sollen in Zukunft einen Arbeitsweg von drei Stunden in Kauf nehmen müssen.
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Bei einer geringen Arbeitszeit soll eine tägliche Pendelzeit von zweieinhalb Stunden als „zumutbar“ gelten.
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Zuvor waren es zwei Stunden.
„Außerdem“, so das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, „sollen die Jobcenter in einem Umkreis von 50 Kilometer zwischen Wohn- und Arbeitsort nach einem Arbeitsplatz suchen“ dürfen.
Gut zu wissen: In der Debatte um das Bürgergeld ist oft von sogenannten „Totalverweigerern“ die Rede. Doch vermutlich sind das nicht einmal 14.000 Menschen. Experten gehen außerdem davon aus, dass härtere Sanktionen der falsche Weg sind, um Menschen wieder in Arbeit zu bringen.