Hitzeperioden, Trockenheit, steigende Preise, unsicherer Weltmarkt, Verbraucherzurückhaltung, höhere Lohnkosten: Das sind die zentralen Herausforderungen der Landwirtschaft, auch in Baden-Württemberg. Auf einem Hof in Stuttgart-Plieningen gab der Landesbauernverband gestern einen Überblick zur aktuellen Situation. Zunächst zur Ernte.

Nord-Süd-Gefälle bei der Ernte

Hier teilt sich Baden-Württemberg in Nord und Süd. „Im Norden Baden-Württembergs mussten die Landwirte teils erhebliche Eintragseinbußen hinnehmen“, erklärt Joachim Rukwied, Präsident des Landesbauernverbands. Grund seien wochenlang trockene Böden. Im Süden habe es in den wichtigen Wachstumsphasen immer wieder mal geregnet.

Seit Jahrzehnten im Geschäft, auch als Landwirt: Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen- und des Landes-Bauernverbands.
Seit Jahrzehnten im Geschäft, auch als Landwirt: Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen- und des Landes-Bauernverbands. | Bild: Bernd Weißbrod, dpa

„Insgesamt haben wir ein ordentliches Ergebnis bei der Ernte“, so Rukwied. Trotz Trockenheit blieb die Landwirtschaft von Extremwetterereignissen wie Hagel und Starkregen verschont. Die Aussaatbedingungen im Winter, Herbst und Frühjahr seien gut gewesen.

Die Ernteergebnisse bei Weizen, Gerste und Raps liegen zwischen vier und 14 Prozent über denen des Vorjahres. Das ist es aber mit den guten Nachrichten. Die Pflanzen, die später geerntet werden und die unter anhaltender Trockenheit leiden, bereiten den Landwirten große Sorgen.

Sorgen bei Mais und Zuckerrüben

Dazu gehören Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln oder Soja. „Die Herbstkulturen leiden massiv unter Wassermangel und Hitzestress.“ Vor allem Grünland und Mais seien zum Teil vertrocknet, im Norden Baden-Württembergs stärker als im Süden. Viele Tierhalter müssen bereits Winterfutter verfüttern.

Bei den Herbstkulturen zeichnet Rukwied ein düsteres Bild. „Wenn zeitnah keine ergiebigen Niederschläge kommen, rechnen wir hier bei fast allen Kulturen mit erheblichen Ernteeinbußen von bis zu 50 Prozent.“ Zudem könnten nur circa zwei Prozent der Herbstkulturen ausreichend bewässert werden.

Kosten für Bauern steigen stark an

Zugleich steigen die Ausgaben. „Die gestiegenen Kosten bei Energie, Futter, Dünger und Pflanzenschutzmittel belasten unsere Familienbetriebe schwer.“ Dies sei auch Folge des Ukraine-Kriegs. Höhere Preise für landwirtschaftliche Produkte seien unumgänglich. Die höheren Lebenshaltungskosten könnten aber dazu führen, dass Verbraucher zu günstigeren Produkten aus Südeuropa oder Drittländern greifen.

Bauern kritisch bei Mindestlohn

Die Probleme gehen laut Rukwied noch weiter. Die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro ab Oktober werde für deutlich höhere Personalkosten sorgen. Dies stelle etwa Betreiber von Erdbeerplantagen vor finanzielle Herausforderungen. „Wir fordern einen europäischen Mindestlohn, weil wir in Deutschland massive Wettbewerbsnachteile haben.“ Schon die generelle Einführung des Mindestlohns habe dazu geführt, dass allein die Erdbeeranbauflächen im Südwesten um 22 Prozent zurückgegangen seien.

Auf was muss sich die Landwirtschaft in Zukunft einstellen? Rukwied ist wenig optimistisch: „Das Hitzerisiko wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Das Ertragsniveau beispielsweise der 90er-Jahre werden wir vermutlich nicht mehr erreichen.“