Siegfried Volk und Walther Rosenberger

 Beim Pfullendorfer Küchenbauer Alno übernimmt das von der bosnischen Hastor-Familie kontrollierte Unternehmen Tahoe endgültig das Ruder. Nach sechs Jahren im Amt hat der bisherige Alno-Chef Max Müller den Vorstandsvorsitz mit Wirkung zum 31. Mai abgegeben. Sein Nachfolger wird nach Unternehmensangaben der bisherige Alno-Finanzchef Christian Brenner, der vom neuen Mehrheitsaktionär, der Tahoe GmbH, vor wenigen Monaten in das Gremium bestellt wurde.

Von Brenner gibt es nicht einmal ein offizielles Foto, weder auf der Firmen-Webseite, noch auf Nachfrage beim Pfullendorfer Küchenbauer selbst. Das wolle Herr Brenner nicht, heißt es dazu lapidar.

Nicht nur deswegen erregt der Personalwechsel an der Alno-Spitze Aufsehen. Noch vor wenigen Wochen hatte der 70-Jährige Müller im SÜDKURIER-Interview zu Spekulationen über einen bevorstehenden Abgang bei Alno erklärt, dass er dem Traditionsunternehmen "verbunden bleibe". Tatsächlich vermeldete die Firma in ihrer offiziellen Pressemitteilung, dass Müller weiterhin für Sonderprojekte und Mandate ausländischer Tochtergesellschaften sowie als Aktionär und Darlehensgeber der Alno aktiv bleiben werde. Der Alno-Aufsichtsrat hat die Personalie bereits abgesegnet.

Alno-Chef Max Müller Bild: Siegfried Volk
Alno-Chef Max Müller Bild: Siegfried Volk

Die Gründe für den Abgang des schweizer Geschäftsmanns Müller bei dem Pfullendorfer Traditionsbetrieb liegen im Dunkeln. Nach SÜDKURIER-Informationen gab es zwischen ihm und dem bisherigen Finanz-Chef Brenner große Differenzen bezüglich der Umsetzung der Sparmaßnahmen, zu denen unter anderem der deutschlandweite Abbau von 140 Jobs, sowie eine drastische Kürzung der Sachkosten gehörten. In der offiziellen Mitteilung erklärt Müller, dass Tahoe gezeigt habe, mit welcher Geschwindigkeit und Konsequenz sich die notwendige Restrukturierung des Konzerns voranbringe lasse. Außerdem seien schon "messbare Erfolge" beim Kostenthema erzielt worden. "Es ist daher der richtige Zeitpunkt für die von mir schon seit längerer Zeit geplante Stabübergabe", heißt es in dem Papier. Pikant dabei: Erst im März 2016 hatte der Aufsichtsrat den Vertrag von Müller, der nach aktuellen Daten im Geschäftsjahr 2015 rund 870 000 Euro als Alno-Vorstandschef einstrich, vorzeitig bis Ende 2018 verlängert. Durch den jetzt geschlossenen Aufhebungsvertrag erhält er eine Abfindung. Zu deren Höhe äußert sich das Unternehmen nicht.

Tahoe hat nun das Sagen

Hinter der Investorenfirma Tahoe GmbH, die aktuell rund 43 Prozent der Alno-Aktien kontrolliert, steht die Prevent-Gruppe der bosnischen Unternehmerfamilie Hastor. Immer wieder haben Firmen aus dem Imperium in letzter Zeit in der deutschen Industrie für Aufsehen gesorgt. Mitte 2016 bremsten zwei Hastor-Firmen die Produktion des VW-Golf aus, weil sie wegen Vertragsstreitigkeiten einen Lieferstopp wichtiger Bauteile durchsetzten. Erst vor wenigen Tagen scheiterte dann die geplante Machtübernahme der Hastor-Familie beim bayrischen Autozulieferer Grammer. In letzter Minute lehnte die Hauptversammlung die von Hastor-Vertretern beantragte Absetzung des gesamten Grammer-Vorstands und die Neubesetzung des Aufsichtsrats ab.

Bei der Alno AG hat Prevent dagegen nach dem Abgang von Müller die totale Kontrolle, denn im Vorstand ist neben Christian Brenner nur noch der für den Vertrieb verantwortliche Andreas Sandmann. Ob der Alno-Vorstand in absehbarer zeit wieder auf drei Stellen vergrößert werden solle, ließ ein Alno-Sprecher offen. Im neunköpfigen Aufsichtsrat verfügt Tahoe mit sechs Mandaten schon über eine klare Mehrheit.

Damit hat Tahoe das Sagen beim Küchenmöbelhersteller und es bleibt abzuwarten, welche Konsequenzen dies für das Unternehmen und die übrigen Aktionäre hat, die sich am 31. August zur Hauptversammlung treffen. Dann wird es womöglich auch ein Wiedersehen mit Max Müller geben, der mit seiner Familie aktuell 6,19 Prozent am Alno-Grundkapital von 75 594 979 Euro hält, wobei der Kurs der Aktie seit Wochen zwischen 40 und 47 Cent pendelt.

Beim Börsengang im Jahr 1995 kostete die Aktie umgerechnet 28 Euro und die Firma war 237 Millionen Euro wert.

Alno

1927 baut der Schreiner Albert Nothdurft bei Wangen nahe Göppingen eine Schreinerei auf. Später wird aus ihr der Küchenbauer Alno. 1995 geht das Unternehmen an die Börse. Die Aktie wird für 59 Deutsche Mark ausgegeben. Ihr Wert hat sich seit damals drastisch verringert – genau wie die Zahl der Mitarbeiter. Ende der 90er-Jahre arbeiteten noch 2450 Menschen in Pfullendorf. Davon sind nach diversen Entlassungswellen nur noch wenige Hundert am Stammsitz übrig geblieben. 2002 steht Alno kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Im Restrukturierungs-Programm „Futura“ werden weiter Arbeitsplätze gestrichen. Nach sieben Jahren Verlust keimt 2004 zarte Hoffnung auf. Erstmals erwirtschaftet Alno 2004 wieder Gewinne (3,7 Millionen Euro). 2009 soll die Konzernzentrale nach Düsseldorf verlegt werden, was aber abgewendet wird. zu verlegen. 2016 steigt die Prevent-Gruppe bei Alno ein und sichert sich langsam die Macht. (td/wro)