Pfullendorf – Mehrere Stunden dauerte die Versammlung der in der IG Metall organisierten Beschäftigten der Alno AG am Stammsitz in Pfullendorf, bevor die Mitglieder einen Maßnahmenkatalog verabschiedeten, das von den Arbeitnehmervertreten und Unternehmensleitung in wochenlangen Gesprächsrunden ausgehandelt worden war. Man habe sich auf ein Gesamtpaket geeignet, kommentierte Michael Föst, zweiter Bevollmächtigter und Verhandlungsbevollmächtiger der IG Metall, das Ergebnis. Man habe die Zahl der Kündigungen deutschlandweit von 250 auf 140 verringern können, die Errichtung einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft für die gekündigten Mitarbeiter sowie einen Sozialplan ausgehandelt. Nach Informationen des SÜDKURIER sollen am Standort in Enger (Nordrhein-Westfalen) knapp 30 Jobs gestrichen werden, in Coswig (Sachsen-Anhalt) fünf und gut 100 Arbeitsplätze in Pfullendorf. Vom Stellenabbau ist ausschließlich die Verwaltung betroffen, wovon ein Teil nach Bosnien verlagert werden soll.
Desweiteren wurde ein bestehender Beschäftigungssicherungstarifvertrag für die Standorte Pfullendorf und Enger um zehn Monate bis Ende 2018 geschlossen. Durch diese Vereinbarung sind weitere Kündigungen vorerst ausgeschlossen und Investitionen bis 2018 festgelegt. "Im Gegenzug ist die anteilige Kürzung von tariflichen Sonderzahlungen, also Urlaubs- und Weihnachtsgeld vereinbart", erklärt Föst.
Verzicht aufs Urlaubsgeld
Nach Informationen des SÜDKURIER sollen alle Alno-Beschäftigten auf 60 Prozent des Urlaubsgeldes verzichten. Schon bislang verzichteten die Beschäftigten aufgrund des nun verlängerten Standortsicherungsvertrages auf 25 Prozent des Weihnachtsgeldes und zur Ableistung von bis zu 130 unbezahlter Mehrarbeit pro Jahr. Nachdem die Gewerkschaftsmitglieder der Alno AG in Pfullendorf und Enger das Maßnahmepaket gebilligt haben, wird die übrige Belegschaft im Laufe der Woche in Betriebsversammlungen über die Entwicklungen informiert.
Nach Ansicht von IG-Metall-Vertreter Michael Föst ist damit "der Weg für die Unterschriften auf allen Ebenen frei", schreibt er in einer Pressemitteilung. Exakt diese Unterschriften will die Unternehmensführung des Küchenmöbelherstellers abwarten, bevor es ein Statement gibt. "Die Verhandlungen sind abgeschlossen, sobald die vorliegenden Interessenausgleiche und Sozialpläne unterschrieben sind. Bis dahin bitten wir weiterhin um Verständnis, dass wir uns erst dazu äußern, wenn alles unterschrieben und wirksam ist", erklärte Pressesprecher Markus Gögele.
Der Stellenabbau war im Januar vom neuen Mehrheitsaktionär Tahoe Investor GmbH, einem Tochterunternehmen der Prevent-Gruppe, gefordert worden. Im gesamten Konzern sollten 350 Arbeitsplätze gestrichen werden, darunter 250 an den deutschen Standorten und ausschließlich in der Verwaltung. Durch den Stellenabbau sollte jährlich ein Sparvolumen von 20 Millionen Euro bei den Personalkosten generiert werden. Weder Geschäftsführung noch die Arbeitnehmervertretung haben sich bislang dazu geäußert, wie und wo die 100 Jobs außerhalb Deutschlands eingespart werden sollen.
Alno schreibt seit Jahren rote Zahlen. Der Börsenkurs dümpelt vor sich hin. Auch deshalb hatten sich das Alno-Management und die IG Metall offen gegenüber dem neuen Investor gezeigt.