Zürich/Pfullendorf – Die beiden großen Pfullendorfer Unternehmen Alno und Geberit entwickelt sich derzeit gegensätzlich. Während der Küchenhersteller rote Zahlen schreibt und nach dem Einstieg der bosnischen Investorengruppe Tahoe 100 Arbeitsplätze am Hauptsitz in Pfullendorf abbauen will, vermeldet der Sanitärhersteller steigende Gewinne und hohe Investitionen in das Werk im Linzgau. So steckte Geberit zuletzt 40 Millionen Euro in den Bau eines Logistikzentrums in Pfullendorf. Auch wirtschaftlich läuft es bei dem Schweizer Unternehmen rund: Wie Geberit auf seiner Medienkonferenz in Zürich mitteilte, wuchs der um Übernahmen und Währungsschwankungen bereinigte Umsatz um 6,4 Prozent auf 2,8 Milliarden Schweizer Franken (2,6 Milliarden Euro). Der Gewinn (Ebit) stieg sogar um 16,2 Prozent auf 687 Millionen Schweizer Franken (640 Millionen Euro). Rückenwind bekam Geberit durch die anziehende Bauwirtschaft in Europa und durch relativ niedrige Rohmaterialpreise für Industriemetalle wie Kupfer, Zink oder Aluminium.
Auch bei der Integration des finnischen Porzellanherstellers Sanitec, den Geberit 2015 übernahm, kommt das Unternehmen voran. Ein Großteil der Synergieeffekte sei bereits früher als erwartet realisiert worden, sagte Geberit-Chef Christian Buhl. Geberit und Sanitec können bereits heute ein Produktportfolio aus einer Hand bieten. Viele Vertriebs- und Geschäftsprozesse sowie die IT-Infrastruktur seien schon harmonisiert worden. Dagegen trennte sich Geberit von den Sanitec-Tocherfirmen Varicor und Koralle, da deren Produkte außerhalb des Kerngeschäfts lägen. In Frankreich erwägt Geberit die Schließung zweier Sanitec-Werke, die defizitär seien.
Sollte sich Geberit zu einer Aufgabe dieser Werke entschließen, kalkuliert das Unternehmen mit Restrukturierungskosten von 30 bis 40 Millionen Schweizer Franken, unter anderem für Sozialpläne. Es gebe Überkapazitäten in den Keramikwerken, sagte Buhl. Bisher hat Geberit bereits 10 Sanitec-Standorte geschlossen.
Den Löwenanteil seines Umsatzes macht Geberit mit 2,4 Milliarden Euro nach wie vor in Europa. Die Umsätze in Amerika (86 Millionen Euro), der Region Afrika und Naher Osten (63 Millionen Euro) sowie in Asien (72 Millionen Euro) sind dagegen noch ausbaufähig. Europa verzeichnete auch mit 6,8 Prozent vor Asien (plus 4,3 Prozent) den höchsten Umsatzzuwachs, während der Erlös in Amerika (plus 0,2 Prozent) nur geringfügig wuchs. Aus Produktsicht trugen Sanitärsysteme noch vor Rohrleitungssystemen und Sanitärkeramik am meisten zum Umsatz bei.
Zum Jahresende beschäftigte Geberit weltweit 11 596 Mitarbeiter, davon 1500 am größten Geberit-Standort in Pfullendorf. Wegen des Verkaufs der Sanitec-Tochter Koralle und aufgrund von durch die Sanitec-Übernahme bedingten Synergieeffekten sank die Gesamtzahl der Mitarbeiter im Vergleich zum Vorjahr um gut fünf Prozent.
Von der guten Geschäftsentwicklung sollen auch die Geberit-Aktionäre profitieren. Der im Schweizer Börsenindex SMI gelistete Konzern mit Sitz in Rapperswil-Jona (Kanton St. Gallen) erhöht seine Dividende um 19 Prozent auf zehn Schweizer Franken pro Aktie. Zudem soll 2017 ein weiteres Aktienrückkaufprogramm gestartet werden.
Auch für das laufende Jahr ist Geberit optimistisch. Die Bauindustrie, von der die Geberit-Auftragslage stark abhängt, werde sich voraussichtlich positiv entwickeln. Vor allem in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Skandinavien erwartet Geberit weiteres Wachstum. Dagegen werde der italienische Markt stagnieren. Die politischen Gefahren durch eine mögliche Abschottung der USA oder den Austritt Großbritanniens aus der EU schätzt Geberit gering ein. "Wir haben in den USA ein Geschäft, welches unabhängig von unserem europäischen Geschäft läuft. Wir sehen deshalb keine entsprechenden Risiken", teilt Geberit mit. Auch der drohende Brexit habe bisher noch keine Auswirkungen auf die Erlöse gehabt.