Friedrichshafen – Seit fünf Jahren stagnieren die Umsätze von Rolls-Royce Power Systems (RRPS). Die Gewinne des Motorenbauers sind sogar rückläufig. Da liegt es auf der Hand, dass die Umkehrung dieses Negativtrends ganz oben auf der Agenda des neuen RRPS-Chefs Andreas Schell steht. Auf seiner ersten Pressekonferenz seit seiner Amtsübernahme Anfang Januar skizzierte er, wie er das Friedrichshafener Traditionsunternehmen wieder profitabler machen will. RRPS wolle sich in Zukunft digitaler, agiler, dezentraler und noch internationaler aufstellen, kündigte der Vorstandsvorsitzende an.
RRPS werde versuchen, seine Komplexität, überdimensionierte Strukturen und damit verbundene Kosten zu reduzieren. "Wir müssen noch näher an unsere Kunden ran, sowohl im Vertrieb als auch im Service", sagt Schell. Entscheidungen dürften nicht allein von der Konzernzentrale in Friedrichshafen orchestriert werden, sondern sollten öfter dezentral vor Ort getroffen werden. Vor allem auf dem asiatischen Markt sehe er noch Wachstumschancen. Bislang macht RRPS jährlich bis zu 250 Millionen Euro Umsatz in China und bis zu 80 Millionen Euro in Indien.
Auch beim Thema Elektromobilität will der Spezialist für die Herstellung von Diesel- und Gasmotoren in die Offensive gehen. "Wir wollen nicht abwarten und uns von der Konkurrenz treiben lassen, sondern vorne mit dabei sein und eigene Akzente setzen", betonte Schell. Das Marktumfeld bleibe aber anspruchsvoll. Der niedrige Ölpreis, politische Unsicherheiten und der zunehmende Wettbewerb in Asien machen RRPS zu schaffen. Das Risiko, welches durch den drohenden Austritt Großbritanniens aus der EU sowie durch die Regierung von US-Präsident Donald Trump ausgehe, sei aber überschaubar, sagte Schell. Die Umsätze auf der britischen Insel seien mit 50 Millionen relativ gering. Und gegen mögliche Exportzölle, wie sie Trump angedroht hat, sei man durch neun eigene Standorte in den USA, davon zwei Produktionsstandorte, immun. Dagegen sei der Ölpreis, der derzeit bei etwa 55 Dollar pro Fass liegt, trotz ansteigender Tendenz immer noch zu niedrig. Erst ab einer Schwelle von 60 bis 80 Dollar pro Fass liefen die Geschäfte im Öl- und Gasgeschäft wieder rund. Denn dann würden wieder mehr Förderer aus der Ölbranche in RRPS-Motoren, die das Unternehmen unter seiner Kernmarke MTU vertreibt, investieren.
Eine kurzfristige Trendwende erwartet Andreas Schell nicht. Gerade im Bereich der Digitalisierung stehe RRPS noch ein langer Weg bevor. Doch mittelfristig hofft RRPS mit seinem vor einem Jahr gestarteten Zukunftsprogramm RRPS 2018 die Früchte der heutigen Anstrengungen ernten zu können. So investiere das Unternehmen derzeit gezielt in die Entwicklung digitaler Technologien, zum Beispiel Cloud-Lösungen, kundenorientierte digitale Anwendungen, wie Service-Apps, und die konsequente Digitalisierung aller Geschäftsprozesse.
So laufen die Geschäfte bei RRPS
- Umsatz: Im Jahr 2016 erwirtschaftete RRPS einen Erlös von 3,25 Milliarden Euro. Das war ein Prozent weniger als im Vorjahr. Der Motorenbauer begründet den Umsatzrückgang mit einem schrumpfenden Gesamtmarkt.
- Gewinn: Noch stärker ging der Gewinn zurück. Er sank wechselkursbereinigt um 14 Prozent auf 234 Millionen Euro. „Wir haben ein solides Ergebnis erzielt – und uns in einem überaus schwierigen und rückläufigen Marktumfeld behauptet“, sagte RRPS-Chef Andreas Schell.
- Umsatzrendite: Auch die Umsatzrendite – also das Verhältnis zwischen Gewinn und Umsatz – ging um knapp einen Prozentpunkt auf 7,2 Prozent zurück. Diese für die Rentabilität eines Unternehmens wichtige Kennzahl möchte RRPS mittelfristig wieder in den zweistelligen Bereich treiben.
- Aufträge: Sowohl der Auftragseingang als auch der Auftragsbestand lagen Ende 2016 unter dem Vorjahreswert.
- Mitarbeiter: Weltweit beschäftigt RRPS gut 10 000 Mitarbeiter. Davon arbeiten 7200 in Deutschland. Am Standort in Friedrichshafen stehen 6000 Menschen auf der Gehaltsliste von RRPS. Damit zählt die Rolls-Royce-Tocher zu den größten Arbeitgebern am Bodensee.