Für einen Künstler gibt es in ganz Südamerika keine größere Bühne: Das Theater im Kulturzentrum Cidade das Artes (Stadt der Künste) in Rio de Janeiro gilt mit seinen 1780 Plätzen als das größte von Feuerland bis zum Panama-Kanal – und ist damit gerade recht für Entertainer und Sprint-Superstar Usain Bolt. Offiziell hatte gestern das Jamaikanische Olympische Komitee zu einer Pressekonferenz geladen. Doch der ehemalige britische Dreispringer Jonathan Edwards, der sich für die Moderation der Veranstaltung hatte kaufen lassen, sprach völlig zu recht von einer „Show“ – der Usain-Bolt-Show. „Die live in Jamaika übertragen wird.“
Mehr als 60 Kameras und einige hundert Journalisten waren auf der Bühne in Position – und warteten auf den mehr als eine Stunde verspäteten Meister. Sollte der schnellste Mann der Welt tatsächlich im Stau stehen? Ist die Verspätung eines Mannes, der es gewohnt ist, immer der Erste zu sein, ein schlechtes Omen? Am Zuckerhut will er sein süßes Triple-Triple feiern, den dritten olympischen Gold-Hattrick über 100 Meter, 200 Meter und 4 x 100 Meter in Serie.
Es war erst einmal ein Werbe-Block vorgeschaltet. Ein Video zeigte fantastische Zahlen, dass Sportler aus dem karibischen 2,7 Millionen-Staat bisher 67 olympische Medaillen geholt haben – eine im Radsport, 66 in der Leichtathletik. Mike Fennell, Präsident des Jamaikanischen Olympischen Komitees, führt Talent, die Strukturen, die Möglichkeiten zur Organisation und exzellente Trainer als Argumente auf. Kein Wort natürlich von seiner Seite zum Thema Doping. Doch allein sieben im Jahr 2013 hops gegangene Athleten, das ist ja nicht nichts. Dazu kommt die nur wenige Wochen alte Meldung des Internationalen Olympischen Komitees, dass bei Nachtests der Spiele 2008 in Peking 32 positive Proben entdeckt worden sind. Darunter soll auch ein Medaillengewinner aus Jamaika sein.
Usain Bolt habe keine Angst, dass es bei ihm negative Schlagzeilen wegen eines positiven Falls geben könne, sagte der 29-Jähige wenig später auf die Frage, ob er glaube, dass die 100 Meter dopingfrei seien. Aber er sagte auch: „Im Leben ist nichts garantiert. Die Leichtathletik ist auf dem richtigen Weg, es geht in die richtige Richtung, unser Sport wird sauberer.“ Er plauderte gut gelaunt, erzählte, dass er in Rio mal eben einen Fernseher gekauft habe. Sie hatten keinen in ihrer Wohnung im olympischen Dorf, sie brauchten aber einen. Ihnen sei gesagt worden, dass sie bald einen bekämen. Nach zwei Tagen Warten ist Usain Bolt dann eben los getigert. Der jamaikanische Volksheld mit der goldenen Uhr ist einfach ein Mann der Tat. Aber bald haben die Taten auf der Tartanbahn ein Ende: „Ja, es ist sicher, dass das meine letzten Spiele sind.“
Eifrig wurde von den Journalisten gewunken und gestreckt, um von Jonathan Edwards das Recht für die nächste Frage zu bekommen. Unter anderem gewann ein hyperaktiver Norweger. Der stand auf und sagte: „Ich habe gar keine Frage. Ich wollte nur sagen…“ Und dann rappte er sein Lied von Usain Bolt. Fassungslosigkeit traf Gelächter. Der Showmaster wünschte eine Wiederholung, um sie mit seinem Smartphone filmen zu können. So geschah es. Und dann wurde er mit großem Tamtam von der Bühne geholt: Eine Sambagruppe umtanzte ihn erst, dann führten ihn zwei Schönheiten ab.
Große Bühne, großer Auftritt.