Die „Konzernverantwortungsinitiative„ zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards durch Unternehmen, deren Tochterfirmen und Zulieferer im Ausland hat dabei durchaus Chancen, angenommen zu werden. 51 Prozent der Schweizer wollen Umfragen der Mediengruppe Tamedia von Mitte November zufolge dafür stimmen, obwohl Regierung und Parlament warnen, der Vorschlag gehe „zu weit“.
Gigantische Kampagne
Die Initiative für mehr Konzernverantwortung würde Unternehmen mit Sitz in der Schweiz zwingen, die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in allen Produktionsschritten weltweit zu garantieren. Für Versäumnisse könnten sie sogar vor Schweizer Gerichten verantwortlich gemacht werden.

Die Initiative wird von 130 Nichtregierungsorganisationen verfochten und hat Unterstützer im gesamten politischen Spektrum, von Gewerkschaften bis hin zu kirchlichen Gruppen. Mit einer gigantischen Kampagne hatten die Befürworter in den vergangenen Monaten für den Vorschlag geworben.
Eines der Plakate, die in der ganzen Schweiz aufgehängt wurden, zeigt ein Mädchen vor einer Mine des Bergbau-Konzerns Glencore im südamerikanischen Peru. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, dort die Bevölkerung durch Schwermetalle in der Umwelt vergiftet zu haben.
Alternativvorschlag: keine rechtliche Verantwortung
Das Parlament, das die Initiative ablehnt, hat einen Gegenentwurf präsentiert. Der Vorschlag sieht ebenfalls vor, dass Unternehmen zu Menschenrechts- und Umweltschutz weltweit verpflichtet werden, ohne sie jedoch rechtlich verantwortlich zu machen. Dieser Vorschlag würde voraussichtlich in Kraft treten, wenn die Initiative abgelehnt wird.
Glencore-Chef Ivan Glasenberg kritisierte in einem Interview in der „Neuen Züricher Zeitung“, dass sein Unternehmen bei einer Umsetzung der Initiative „wahrscheinlich mehr Anwälte einstellen müsste“, sich aber nichts an der Art ändern würde, „wie wir unsere Minen bewirtschaften“.
Diskussion um mehr unternehmerische Verantwortung auch in Deutschland
In Deutschland sollen Unternehmen derzeit auf freiwilliger Basis über die Einhaltung von Menschenrechten in ihren Lieferketten wachen. Auch hierzulande wird aber über ein verpflichtendes Lieferkettengesetz diskutiert.

Ein Verbot Geld in die Produktion von Kriegswaffen zu investieren
Zur Abstimmung steht am Sonntag außerdem eine Initiative, die selbst für das pazifistische Alpenland ein besonderer Schritt wäre: Die Schweizer entscheiden über ein Verbot von Investitionen in und die Finanzierung von Firmen, die jegliche Art von Kriegsmaterial herstellen. Ein Sieg für die Initiative würde es in der Schweiz unmöglich machen, Geld in Unternehmen zu investieren, die mehr als fünf Prozent ihres Umsatzes mit der Produktion von Kriegsgütern einnehmen.
Umfragen zeigten zuletzt nur rund 41 Prozent Zustimmung für den Vorschlag, der in dem traditionell neutralen Land für heftige Debatten gesorgt hat. In der Schweiz ist bereits die Finanzierung und die Produktion nuklearer, biologischer und chemischer Waffen sowie von Landminen und Streumunition verboten. Unterstützer der Initiative argumentieren jedoch, dass auch Investitionen in die Waffenproduktion mit der Neutralität des Landes „nicht vereinbar“ seien.
Auch Boeing, Airbus und Rolls Royce wären betroffen
Die Regierung und das Parlament lehnen auch diesen Vorschlag ab. Die enge Definition von Waffenherstellern würde auch Investitionen in Unternehmen wie Boeing, Airbus und Rolls Royce verbieten. Im direkt-demokratischen System der Schweiz entscheiden letztlich aber die Wähler.
Der Vorschlag würde laut einem Bericht der Forschungsgruppe Profundo Investitionen und Kredite der Schweizer Zentralbank sowie großer Banken oder Pensionsfonds in Höhe von elf Milliarden Dollar (rund 9,2 Milliarden Euro) betreffen. Diese Gelder wurden in Unternehmen wie BAE Systems, Lockheed Martin und Northrop investiert.
(dpa)