In Frankreich waren in den vergangenen Tagen tausende Demonstranten aus allen Landesteilen mit Autos, Wohnmobilen und Lieferwagen an den Pariser Stadtrand gefahren, um sich dem Protestkonvoi anzuschließen. Unter den Teilnehmern befinden sich Impfpass-Gegner, Anhänger der „Gelbwesten“-Bewegung, aber auch Menschen, die generell gegen die Regierung protestieren. Die Polizei mobilisierte 7500 Einsatzkräfte, um Blockaden zu verhindern.

Zwei französische Nationalfahren, auf denen ein Gaullistenkreuz gedruckt ist, werden aus dem Fahrzeug eines Protestteilnehmers gehalten. ...
Zwei französische Nationalfahren, auf denen ein Gaullistenkreuz gedruckt ist, werden aus dem Fahrzeug eines Protestteilnehmers gehalten. Der in einer Sternfahrt gestartete Fahrzeug-Konvoi erreicht Paris. Die Polizei in der französischen Hauptstadt hatte jegliche “Freedom Convoy„-Proteste verboten, die sich an der in Kanada gestarteten Bewegung gegen Corona-Beschränkungen orientieren. | Bild: Adrienne Surprenant/dpa

Nach Schätzungen der Polizei befuhren am Samstagmorgen 3000 Fahrzeuge mit insgesamt 5000 Demonstranten den äußeren Autobahnring von Paris. Ein Konvoi von rund 300 Fahrzeugen wurde bereits auf der Autobahn A4 gestoppt. Ein weiterer mit rund 400 Autos schaffte es nach Polizeiangaben nur bis zum östlich von Paris gelegenen Wald von Fontainebleau, wo rund 1000 Konvoi-Teilnehmer in entspannter Atmosphäre picknickten.

Demonstration sollte Paris lahmlegen

Am Samstagnachmittag gelang es einigen Demonstranten, trotz eines Polizeiverbots zu Fuß und mit mehr als hundert Fahrzeugen auf die Champs-Elysées zu fahren. Die Protestierenden schafften es jedoch nicht, die gesamte Hauptstadt lahmzulegen. Die Polizei löste die unerlaubte Demonstration mit Tränengas auf, nahm 97 Menschen fest und verhängte 513 Verwarnungen. An genehmigten Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen beteiligten sich am Samstag laut Innenministerium 32.100 Demonstranten in ganz Frankreich, davon fast 7600 in Paris.

Ein Demonstrant steht während einer Demonstration auf der Avenue des Champs-Elysees im Rauch einer Tränengasgranate. Frankreichs Polizei ...
Ein Demonstrant steht während einer Demonstration auf der Avenue des Champs-Elysees im Rauch einer Tränengasgranate. Frankreichs Polizei hat Hunderte Protestler von der Anreise zu einer verbotenen Fahrzeugdemonstration in Paris gegen Corona-Regeln abgehalten. | Bild: Adrienne Surprenant/dpa

Das Demonstrationsrecht und die Meinungsfreiheit seien verfassungsmäßig garantiert, erklärte Premierminister Jean Castex. „Andere zu blockieren oder am Kommen und Gehen zu hindern, sind es nicht.“ Einige der Protestierenden planten die Weiterfahrt nach Brüssel, wo am Montag ein „europäisches Treffen“ stattfinden sollte. Die belgischen Behörden haben die geplanten Konvois ebenfalls verboten.

Proteste auch in den Niederlanden

In Den Haag fuhren am Samstag ebenfalls Gegner der Corona-Maßnahmen aus den gesamten Niederlanden mit ihren Fahrzeugen in die Innenstadt. Niederländischen Medienberichten zufolge blockierten hunderte Autos den berühmten Binnenhof, in dem unter anderem das niederländische Parlament seinen Sitz hat. Die Polizei stellte den Demonstranten eine Frist bis zum Nachmittag für das Verlassen der Stadt, die auch eingehalten wurde.

Ein LKW steht auf einer Straße, während im Hintergrund Polizisten eine Kreuzung blockieren. Bei einer Demonstration, nach Vorbild ...
Ein LKW steht auf einer Straße, während im Hintergrund Polizisten eine Kreuzung blockieren. Bei einer Demonstration, nach Vorbild kanadischer Trucker, haben Lastwagen- und Traktorfahrer unter dem Motto “Freiheitskonvoi Niederlande„ in Den Haag das niederländische Parlament blockiert. | Bild: Sem Van Der Wal/dpa

Inspiriert sind die sogenannten Freiheitskonvois vom aktuellen Protest kanadischer Lkw-Fahrer, die mit einer Blockade die Hauptstadt Ottawa sowie drei wichtige Grenzübergänge zu den USA großteils lahmlegten. Am Freitag hatte der Oberste Gerichtshof der Provinz Ontario die Trucker angewiesen, die seit fünf Tagen blockierte Ambassador-Brücke zwischen der Provinz und der US-Metropole Detroit zu räumen.

Ein Demonstrant schwenkt bei einem Protest gegen die Corona-Maßnahmen in Ottawa eine kanadische Flagge. Premier Justin Trudeau schließt ...
Ein Demonstrant schwenkt bei einem Protest gegen die Corona-Maßnahmen in Ottawa eine kanadische Flagge. Premier Justin Trudeau schließt die gewaltsame Auflösung der seit über zwei Wochen anhaltenden Trucker-Blockaden nicht aus. | Bild: Justin Tang/dpa

Da die Demonstranten der Anordnung nicht nachkamen, begann die Polizei am Samstag mit der Räumung der Brücke. Am frühen Abend (Ortszeit) waren die meisten Fahrzeuge zwar verschwunden, wie ein AFP-Journalist berichtete. Doch die Fahrbahn wurde noch immer von mehreren hundert Demonstranten blockiert.

Kanada will gegen Proteste vorgehen

Die Ambassador-Brücke ist eine wichtige Verkehrsader und Handelsverbindung. Wegen der Blockade hatte sich auch die US-Regierung eingeschaltet. Premierminister Justin Trudeau hatte daraufhin ein strikteres Vorgehen der Polizei angekündigt, weil „die Grenzen nicht geschlossen bleiben können“.

Justin Trudeau, Premierminister von Kanada, spricht während einer Pressekonferenz über die anhaltenden Proteste in Ottawa. Wegen der ...
Justin Trudeau, Premierminister von Kanada, spricht während einer Pressekonferenz über die anhaltenden Proteste in Ottawa. Wegen der seit über zwei Wochen anhaltenden Trucker-Proteste in Kanada schließt Premier Justin Trudeau die gewaltsame Auflösung der Blockaden nicht aus. | Bild: Justin Tang/dpa

Trudeau gerät angesichts der seit zwei Wochen andauernden Proteste zunehmend unter Druck. Der Regierungschef hatte die Konvois von Beginn an als Proteste einer „lauten Minderheit“ bezeichnet. Tatsächlich haben die Demonstranten in der Bevölkerung jedoch offenbar mehr Rückhalt als erwartet. Laut einer Umfrage unterstützt ein Drittel der Kanadier die Bewegung, und 44 Prozent der Geimpften haben Verständnis für die Frustration der Demonstranten.

(AFP)