- Der Standort-Faktor. Trump muss in New York, Washington, Florida und in Georgia Rede und Antwort stehen. Abgesehen von Florida sind die drei anderen Gerichtsörtlichkeiten für den Angeklagten eine „Höhle des Löwen“.
Die Staatsanwälte in New York, Washington und Georgia hatten es leicht, sich ihre Anklagen von Geschworenen absegnen zu lassen – denn alle drei Regionen sind Hochburgen der Demokraten. Da vor einer Anklage durch eine „Grand Jury“ traditionell Beschuldigte und deren Anwälte nicht angehört werden und die Staatsanwälte kein entlastendes Material präsentieren, waren die Anklagen eine reine Formsache.
Im Prozess selbst dürfte sich Trump mit einem politisch feindlichen Klima konfrontiert sehen. Die einzige Ausnahme ist Florida, wo Trump sich im August 2024 wegen des angeblich strafbaren Umgangs mit Geheimdokumenten verantworten muss. - Der Faktor Geld. Fähige Verteidiger für ein Strafverfahren zu finden, dürfte für Trump nicht leicht sein. Zum einen bedeutet jedes seiner Verfahren, dass ein Anwalt für Monate alle anderen Mandanten auf Eis legen muss. Zum anderen kommt Trump mit dem Ballast, in der Vergangenheit immer wieder Rechnungen nicht gezahlt zu haben. Und: Er gilt als schwieriger rechthaberischer Mandant, der gerne und viel redet – für jeden Strafverteidiger ein Albtraum.
Ein zwei- bis dreiwöchiges Verfahren dürfte Trump pro Tag und pro Anwalt bis zu 30.000 Euro kosten. Im Anwaltsteam Trumps befindet sich derzeit ein halbes Dutzend Rechtsexperten. Und die Finanzen werden bereits knapp. Sein Wiederwahlbudget, aus dem Trump auch seine juristischen Ausgaben bestreitet, soll einem Bericht von „USA Today“ zufolge auf gerade einmal vier Millionen Euro geschrumpft sein. Und um seine Barkaution von knapp 200.000 Euro in Georgia zu zahlen, musste sich Trump dem Blatt zufolge kürzlich sogar Geld leihen. - Der Faktor Zeit. Einen langen Wahlkampf für das Weiße Haus zu führen und sich gleichzeitig in vier Strafverfahren hintereinander zu verantworten, ist ein absolutes Novum in der US-Geschichte. Gegen den Ex-Präsidenten laufen inzwischen so viele Verfahren, dass die Gerichte Mühe haben, die Termine zu koordinieren.
Die meisten Prozesse dürften 2024 und damit mitten im Wahljahr beginnen: Prozessauftakte sind angesetzt auf Januar, März und Oktober. Gewählt wird am 4. November. Dass ihn das Stimmen bei seinen Wählern kostet, dafür spricht dagegen wenig: Im Vorwahlrennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner hat Trump seine Führungsposition in den vergangenen Monaten ausbauen können. In Umfragen kommt er auf rund 40 Prozentpunkte Vorsprung auf den zweitplatzierten Bewerber, Floridas Gouverneur Ron DeSantis. - Der Faktor Politik. Trump behauptet schon jetzt, es werde keine fairen Verfahren für ihn geben. Das war eine zu erwartende Kritik des Angeklagten, der sich als „politisch verfolgt“ sieht. Doch auch die Mehrheit aller US-Bürger glaubt, bei den Anklagen gegen Trump würden politische Motive eine große Rolle spielen.
Tatsächlich sind alle Staatsanwälte, die die Terminansetzungen in den Prozessen untereinander koordiniert und gestaffelt haben, entweder auf dem „Ticket“ der Demokraten ins Amt gekommen oder stehen der Partei Joe Bidens nahe. Und Richterin Tanya Chutkan setzte jetzt den Prozessbeginn in Washington – wo es um Trumps Rolle beim Sturm auf das Kapitol geht – auf den 4. März 2024 fest. Zufall? Einen Tag später, am „Super Tuesday“, wird in einem Dutzend Bundesstaaten über den Präsidentschaftskandidaten der Republikaner abgestimmt. Ein enorm wichtiges Datum für Trump.
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