Wie sinnvoll sind Diesel-Fahrverbote? Diese Frage wird aufgerollt, nachdem mehr als 100 Lungenärzte und andere Experten Grenzwerte und Studien infrage gestellt haben.
- Wer legt den Grenzwert fest? Die EU-Kommission, die den Grenzwert für die Mitgliedstaaten festgeschrieben hat, berief sich 1999 auf die Weltgesundheitsorganisation WHO. Diese sprach eine Empfehlung über einen Grenzwert von 40 Mikrogramm/Kubikmeter aus. Der Mangel: Die WHO verwies auf Messungen mit Schulkindern. Die einen lebten in Wohnungen mit Gasherden, die anderen in welchen mit Elektroherden. Die Kinder in Gasherd-Haushalten erkrankten öfter an den Atemwegen. Genaue Messungen gab es nicht. Daher wurde die Stickoxid-Konzentration einfach geschätzt. Das berichtete der bekannte Hallenser Medizinprofessor Alexander Kekulé. Aus der Schätzung wurde ein Innenraum-Grenzwert von 40 Mikrogramm abgeleitet. Die EU forderte dann, dass der Wert auch für Außenluft zu gelten habe. Die Faktenlage ist also mehr als dünn und auf keinen Fall streng wissenschaftlich.
- Wie kann man die Wirkung von Luftschadstoffen untersuchen? Normalerweise werden Grenzwerte von Expositionsstudien hergeleitet. Dabei werden Tiere oder Versuchspersonen einer andauernden, klar definierten Schadstoff-Emission ausgesetzt bei einer Menge, bei der noch keine schädlichen Folgen zu befürchten sind. Allerdings sieht man aus ethischen Gründen hier von Langzeitversuchen an Menschen ab. Tierversuche kann man nicht eins zu eins auf Menschen übertragen.
- Wie kommt man dann zu einem Grenzwert? Indem man sogenannte epidemiologische Studien heranzieht. Man vergleicht unterschiedlich belastete Bevölkerungsgruppen und zieht Schlüsse aus einer ungleichen Verteilung von Krankheitsfällen – etwa dem vermehrten Auftreten von Atemwegserkrankungen in Städten.
- Wie seriös können diese Erkenntnisse sein? Sie können nicht den ganzen Umfang von Belastungen abbilden. Denn Menschen sind in der Regel nicht ein oder zwei, sondern mehreren Schadstoffen ausgesetzt. Auch Lebensstile (Rauchen, Alkohol) sind verschieden. Daher bezweifeln Experten, dass epidemiologische Studien genügen, um die Wirkung von Stickoxiden zu beurteilen. Zudem: Diesel-Pkw sind zwar eine wichtige, aber nicht die einzige Stickoxid-Quelle. Von „vorzeitigen Todesfällen“ durch Diesel kann also seriös nicht die Rede sein. Was „vorzeitig“ ist, ist auch nicht definiert. Es kann sich (statistisch) um einen Tag früheren Sterbens handeln oder um fünf Jahre.