Margit Hufnagel
Die Wunde, die vor einem Jahr gerissen wurde, schmerzt in der CSU noch immer. Besonders Horst Seehofer quält sich seit Merkels Entscheidung zur Grenzöffnung am 4. September 2015 unaufhörlich. Dass die CDU-Chefin ihn konsequent ignoriert und öffentliche Demut verweigert, plagt den starken Mann aus München. Deshalb sucht er andere Wege, ihr die eigene Macht zu demonstrieren. Die Verzögerung ihrer Kanzlerkandidatur ist ein Mosaikstein dieses großen Vorhabens.

Plötzlich wirkt Merkel wie eine Kanzlerin von Seehofers Gnaden – er kann den Daumen heben oder senken. Doch das Kalkül geht so nicht auf. Zwar hat er die Kanzlerin in eine unangenehme Situation manövriert. Aber zu einem echten Putsch dürfte ihm der Mut fehlen. Wer in der Union sollte auch ihr Erbe antreten? Von der Leyen? Zu unbeliebt! Seehofer? Nicht deutschlandweit vermittelbar! Einzig Schäuble hätte das nötige Kaliber. Die Frage ist, ob er die bayrischen Spielchen mitmacht. Vom Schaden für die Partei ganz zu schweigen.