Viele Allergiker haben es durch tränende Augen oder Niesreiz bereits zu spüren bekommen: Der Pollenflug in Deutschland ist wegen der milden Temperaturen schon voll im Gang. Hasel und Erle sind als Frühblüher bereits seit einigen Wochen in der Luft und stäuben nach Angaben der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst mit zum Teil hoher Intensität. Auch die Pollen von Eiben, Zypressengewächsen, Pappeln oder Ulmen fliegen demnach an immer mehr Orten. „Mit der milden Frühlingsluft ploppen reihenweise die Blüten frühblühender Baumarten auf und schicken ihre staubige Fracht auf Reisen“, wie die Stiftung in ihrer Pollenvorhersage berichtete. Wegen zeitweiliger Regenfälle müssten sich Allergiker auf große Belastungsschwankungen einstellen. Bei Regen reduziert sich die Pollenkonzentration.
Rund 15 Prozent der Deutschen leiden an Heuschnupfen
Einer Befragung des Robert-Koch-Instituts (RKI) zufolge leiden rund 15 Prozent der Deutschen an Heuschnupfen, knapp neun Prozent an Asthma bronchiale. Dem RKI zufolge hat die Häufigkeit allergischer Erkrankungen seit den 1970er-Jahren in Ländern mit westlichem Lebensstil stark zugenommen und sich auf einem hohen Niveau stabilisiert. Früher galten die Wintermonate als Verschnaufpause für Allergiker. Mittlerweile beobachten Fachleute, dass sich wegen des Klimawandels beinahe die Zeiten überschneiden, in denen die letzten Pollen der Vorsaison verschwinden und die ersten der neuen Saison auftauchen. Das beeinflusst Auftreten, Häufigkeit und Schwere allergischer Erkrankungen. „Allergiker haben im Prinzip das ganze Jahr Symptome“, sagte Claudia Traidl-Hoffmann, Direktorin der Umweltmedizin am Uniklinikum Augsburg. „Sie leiden länger und sie leiden mehr, weil mehr Pollen pro Tag fliegen.“
Pollenallergien verschlimmert sich durch höhere Temperaturen und Schadstoffbelastung
Eine weitere Folge des Klimawandels sei, dass Pollen mehr Allergene freisetzten. Das hängt der Allergologin zufolge nicht nur mit gestiegenen Temperaturen, sondern auch mit einer höheren Schadstoffbelastung zusammen. Vor allem in Städten sei zu beobachten, dass Pflanzen bei einer hohen Schadstoffkonzentration mehr Pollen produzierten, wie Traidl-Hoffmann erklärte. „Das ist eine Überlebensstrategie der Pflanze.“ Schließlich diene der Pollenflug der Fortpflanzung. Dass der Klimawandel neue Pflanzen und damit auch neue Pollen und neue Allergien nach Deutschland bringe, könne ebenfalls zur Belastung werden. Die Entwicklung ist nach Angaben der Ärztin vor allem für schwere Asthmatiker und für ältere Menschen ein Problem. Wie sieht der Trend für die kommenden Jahre aus? „Die größte Allergiegesellschaft der Welt, die Europäische Akademie für Allergologie und klinische Immunologie, erwartet, dass im Jahr 2050 die Hälfte der Europäer allergisch ist“, sagte Traidl-Hoffmann.
Gegen die Symptome können Betroffene Nasensprays, Augentropfen und Tabletten nutzen. An der Ursache setzt eine Immuntherapie etwa mit Spritzen oder Tabletten (Hyposensibilisierung) an. Allergiker sollten die Hyposensibilisierung aber beginnen, bevor die jährlichen Allergiebeschwerden einsetzen, empfahl Traidl-Hoffmann.