In den von schweren Unwettern betroffenen Regionen Südosteuropas bleibt die Lage angespannt. In Griechenland ist die wichtigste Autobahnverbindung des Landes zwischen Athen und Thessaloniki seit dem späten Mittwochabend auf gut 200 Kilometern gesperrt.

Auch die Bahn stellte die Zugfahrten zwischen den beiden Städten ein, wie griechische Medien am Donnerstagmorgen berichteten. In Mittelgriechenland ist die Situation weiterhin dramatisch – es regnete die ganze Nacht.

Kein Strom und kein Wasser in vielen Dörfern

Die große Tiefebene in der Region Thessalien, die „Kornkammer“ Griechenlands, steht unter Wasser. Die Infrastruktur ist schwer getroffen: In zahlreichen Dörfern und großen Teilen der Städte Volos, Larisa und Karditsa gibt es keinen Strom und kein Wasser, wie Reporter am Donnerstagmorgen berichteten.

„Sowas haben wir noch nicht gesehen. Allein in der Nacht mussten wir 5000 Mal ausrücken, um Menschen zu helfen“, sagte Feuerwehrsprecher Giorgos Artopoios im griechischen Rundfunk.

Zahlreiche Menschen seien mit Schlauchbooten von der Feuerwehr und dem Zivilschutz aus ihren umspülten Häusern in Sicherheit gebracht worden.

Feuerwehrleute mit einem Schlauchboot evakuieren Menschen und ihre Hunde aus überfluteten Gebäuden in Larissa.
Feuerwehrleute mit einem Schlauchboot evakuieren Menschen und ihre Hunde aus überfluteten Gebäuden in Larissa. | Bild: Vaggelis Kousioras, dpa

Die Feuerwehr riet jenen, die in ihren Häusern festsitzen, sich in den oberen Stockwerken aufzuhalten. „Wir haben Verstärkung aus allen anderen Regionen Griechenlands geholt“, sagte der Sprecher.

400 Menschen müssen auf Fähre ausharren

Bereits am Mittwoch herrschte in Mittelgriechenland Chaos. In der Bucht vor der Hafenstadt Volos harrten zwischenzeitlich rund 400 Menschen auf einer Fähre aus, die wegen der Unwetterschäden nicht anlegen durfte.

Auch in Athen regnete es die ganze Nacht durch. Schwere Schäden gab es hier jedoch nicht, wie der Sender ERTnews berichtete.

Weiter bangen mussten am Donnerstag die Menschen in den Städten Volos und Larisa und den Dörfern der Region, wo es tagsüber erneut stark regnen soll. Insgesamt aber geben die Meteorologen Entwarnung: Bis zum Abend sollen die Regenfälle aufhören.

Eingebrochene Straßen und Brücken

Dann dürften die gewaltigen Schäden erstmals komplett sichtbar werden, die die schweren Unwetter verursacht haben.

Ein Haus steht in Horto in Griechenland nach starken Regenfällen schräg im Hochwasser.
Ein Haus steht in Horto in Griechenland nach starken Regenfällen schräg im Hochwasser. | Bild: Thodoris Nikolaou, dpa

Die Bürgermeister der betroffenen Gegenden sprachen gegenüber griechischen Medien von eingebrochenen Straßen und Brücken, von gekappten Stromverbindungen, aber auch zerstörten Häusern und Unternehmen. Die Schäden dürften in die Milliarden gehen.

Türkei warnt vor weiteren Unwettern

In der Türkei gab es Stand Mittwoch sieben Todesfälle; weitere 31 Menschen seien verletzt worden, hieß es. An der bulgarischen Schwarzmeerküste gab es mindestens vier Tote, in Griechenland lag die Zahl der Opfer bis Mittwochabend bei drei. In der Türkei war von Überschwemmungen auch die Millionenstadt Istanbul betroffen. In Bulgarien wütete das Unwetter an der Schwarzmeer-Küste.

Auch in der Türkei soll die Situation am Donnerstag weiterhin angespannt bleiben. Türkische Behörden warnten vor weiteren Unwettern in der Schwarzmeerregion. Lediglich in Bulgarien scheint sich die Lage zu entspannen – dort soll es zunächst nicht mehr regnen.

Barley fordert EU-Hilfen

EU-Parlaments-Vizepräsidentin Katarina Barley forderte derweil EU-Hilfen für die betroffenen Länder. Wie bereits bei früheren Naturkatastrophen in anderen Mitgliedstaaten solle der EU-Solidaritätsfonds für den Wiederaufbau in Anspruch genommen werden, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag). Es wäre ein Fehler zu glauben, dass es sich nur um gewöhnliche Wetterphänomene handele.

Nach Angaben des EU-Klimawandeldienstes Copernicus war der Sommer 2023 in den Monaten Juni bis August global gesehen der mit Abstand heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen 1940. Die Durchschnittstemperatur habe in dem Zeitraum bei 16,77 Grad und damit 0,66 Grad über dem Durchschnitt gelegen, noch einmal deutlich höher als im bisherigen Rekordjahr 2019 mit 16,48 Grad.

Auch andere Teile der Welt kämpften mit den Folgen von Unwettern. Im Süden Brasiliens stieg die Zahl der Toten auf mindestens 28. Über Südchina fegte der Taifun „Haikui“ hinweg und kostete mindestens zwei Menschen das Leben. (dpa)