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Bei einem größeren Gletscherabbruch in der Schweiz sind am frühen Sonntagmorgen hunderttausende Kubikmeter Eis abgestürzt. Die befürchtete Eislawine blieb im Saastal aber aus, wie der am Samstag eilig gebildete Krisenstab mitteilte. Weder seien Menschen verletzt noch Häuser beschädigt worden, berichtete die Kantonspolizei. Mehr als 220 Bewohner der Gemeinde Saas-Grund waren vorsorglich in Sicherheit gebracht worden und sollten im Laufe des Tages in ihre Häuser zurückkehren können.

Wie viel Eis am Triftgletscher abging, war noch unklar. „Die Einschätzungen der Fachspezialisten steht noch aus. Ich gehe von einer Menge von etwa 200 000 Kubikmetern aus“, sagte der Sprecher des Krisenstabes, Simon Bumann. Die in rund 3000 Metern Höhe abgebrochene Eismasse blieb in höheren Lagen liegen. Etwa ein Drittel der instabil gewordenen Gletscherzunge war noch am Berg. Die Situation werde weiter beobachtet, teilte der Krisenstab mit.

Dorf in der Schweiz wegen drohenden Gletscherabbruchs geräumt

Die Lage am Triftgletscher hatte sich in jüngster Zeit verschärft. Geologen hatten an der Zunge des Triftgletschers in den vergangenen Wochen stärkere Bewegungen gemessen, zuletzt bis zu 130 Zentimeter am Tag, wie die Einsatzleitung aus Polizei, Feuerwehr und Zivilschutz am Samstag berichtete. Sie beschleunigte sich am Samstag von 1,30 Meter innerhalb von 24 Stunden auf fünf Meter.
Deshalb ordnete die Polizei die Räumung der Häuser an.Der Gletscher mit einem Ausgangspunkt auf über 3300 Metern Höhe geht seit 1986 kontinuierlich zurück, insgesamt mehr als zwei Kilometer bis 2015, wie die Statistik zeigt.

Das Gebiet unterhalb des Gletschers und die Wanderwege in der Region wurden aufgrund des drohenden Abbruchs der Gletscherzunge gesperrt. Eine Bergbahn stellte den Betrieb ein. Eine Straße wurde gesperrt.

Ende August waren in Graubünden vier Millionen Kubikmeter Fels aus der Gipfelregion des 3369 Meter hohen Piz Cengalo abgebrochen und ins Tal gestürzt. Das löste einen Murgang aus, eine gewaltige Geröll- und Schlammlawine. Darin kamen wahrscheinlich acht Wanderer um, vier davon aus Deutschland. Sie waren am Morgen in das Unglücksgebiet gewandert und wurden zunächst nicht gefunden.

Die meterhohe Schlamm- und Gerölllawine erreichte das Dorf Bondo. Die rund 100 Einwohner hatten sich nach einer Warnung rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Einige Häuser wurden aber unbewohnbar. Die Aufräumarbeiten dürften sich über Jahre hinziehen.

Felsabbrüche gab es schon immer. Aber die gemessene Erwärmung des Permafrostes, also des gefrorenen Gesteins, mache Felsen instabiler. Mit Steinschlag sei deshalb öfter zu rechnen, warnen Experten.