Herr Mang, Meghan, die Frau des britischen Prinzen Harry, ist in aller Munde, nicht erst seit sie schwanger ist. Es wurde auch gemunkelt, ob sie operiert sei. Was denken Sie?

Ich kann mir vorstellen, dass bei ihr Brust-Implantate gemacht worden sind. Denn man sieht, dass ihr Brustumfang kleiner war, ehe sie in diese US-Fernseh-Serie kam.

Auch über ihre Nase wird immer wieder gesprochen, die an der Spitze ein bisschen nach oben geht. Kommen zu Ihnen Mädchen, die aussehen wollen wie Meghan?

Ja, viele Mädchen wollen aussehen wie sie, so nach dem Motto, dann werde ich auch mal Prinzessin. Wir kriegen Anrufe von Jugendlichen, die ihre Nase wollen. Ihre Nase hat einen kleinen Boom ausgelöst. Und natürlich ist das technisch kein Problem. Als guter ästhetischer Chirurg muss man aber etwas streng sein.

Was sagen Sie den Mädchen?

Ich sage ihnen, besonders, wenn sie unter 18 sind, dass eine gute Ausbildung und die Entwicklung ihrer Persönlichkeit das Wichtigste sind und man durch Operationen seinen Lebensweg nicht entscheidend beeinflussen kann.

Mangs Bodenseeklinik liegt in Lindau direkt am Seeufer.
Mangs Bodenseeklinik liegt in Lindau direkt am Seeufer. | Bild: Bodenseeklinik

Selfies boomen, auf Instagram geht es ums optimale Posen vor spektakulärem Hintergrund. Wie erleben Sie diese Entwicklung in Ihrer Klinik?

Vor über 30 Jahren fing ich als Pionier der Schönheitschirurgie am Bodensee an, heute sprießen die Schönheitschirurgen wie Pilze aus der Erde. Damals hatte ich Patienten im Alter zwischen 20 und 60 Jahren. Heute sind sie zwischen 14 und 90 Jahre alt. Für mich ist das eine ungute Entwicklung, obwohl ich da gegen meinen Beruf spreche. Jeder vierte Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren ist mit seinem Aussehen unzufrieden. Es gibt auch Wünsche, den Po von Jennifer Lopez zu haben, oder die Brust und die Nase von Kim Kardashian. Ich sage dann, was braucht ihr einen Po, auf dem man ein Sektglas abstellen kann?

Mit welchen Schönheitsvorbildern kommen die Jugendlichen?

Die jungen Leute kommen mit ihren Handys und zeigen mir die Bilder der Stars, die sie gut finden. Ich kenne diese Instagram-Stars zum Teil gar nicht mehr. Früher waren das Claudia Schiffer, Heidi Klum, Brad Pitt und George Clooney. Die sind auch bei den 40-Jährigen noch immer in.

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Inwiefern hat sich das Schönheitsideal geändert im Vergleich zu früher?

Die Models Claudia Schiffer, Cindy Crawford und Christy Turlington waren zeitlose Schönheiten. Geändert hat sich etwas Gravierendes. Nämlich, dass Schönheitschirurgen in Hollywood heute aussehen wie Botox-Boys, und die Stars in den sozialen Netzwerken die Welt verrückt machen. Es ist wichtig, wie sie aussehen, welche Schminke und welchen Style sie tragen. Das bringt das Gleichgewicht der Jugendlichen völlig durcheinander. Darin sehe ich eine Riesengefahr. Ich schicke jeden weg, der nicht 18 ist, es sei denn, er hat eine Hasenscharte, einen Unfall oder etwas Ähnliches gehabt. Die Eltern sind die Leidtragenden, die so lange gepiesackt werden, bis sie mit ihrem Sohn oder ihrer Tochter bei mir sitzen. Ich bin immer auf der Seite der Eltern und rede den jungen Leuten ins Gewissen. Aber wenn sie zum falschen Arzt kommen, der operiert dann auch.

Mit welchen Veränderungswünschen kommen die jungen Leute?

Aufgespritzte Lippen, kleine Puppennasen wie bei Kim Kardashian, größere Brüste. Solche extremen Wünsche hatten wir früher nicht.

Wenn Eltern bei Ihnen sitzen, die mit einer Nasenoperation ihres Kindes einverstanden wären, operieren Sie dann?

Wenn jemand eine Riesenhöcker-Langnase hat, die wie eine Hexennase aussieht, dann operiere ich die ab 16. Wenn jemand eine Reithose hat, sich nicht ins Schwimmbad traut, dann kann man das absaugen. Brustimplantate machen wir erst ab 18 und dann auch nur in Absprache mit dem Frauenarzt.

1979, als die Schauspielerin Hildegard Knef ihr Gesicht liften ließ, sah sie danach furchtbar aus. Auch später, als die US-Sängerin Cher mit ihren Schönheits-OPs begann, waren diese eher Stars und Reichen vorbehalten. Kommen heute die Nachbarn von nebenan zu Ihnen?

Die Schönheitschirurgie ist heute keine Sache der Schönen und Reichen mehr. Die Preise haben sich auch etwas normalisiert. Zu 80 Prozent sind es die Nachbarn von nebenan, die kommen: Hausfrauen, Lehrer, Angestellte. Zu Zeiten von Hildegard Knef, sahen die Leute danach aus wie nach einem Unfall. Die Methoden haben sich verfeinert. Es gibt so gut wie keine Blutergüsse mehr, man arbeitet endoskopisch und mit Laser. Ungefähr zehn Prozent meiner Patienten sind Prominente, wie Schauspieler, Politiker, Sänger, Vorstände. Viele Patienten kommen aus Russland, Saudi-Arabien und den USA. Über die Hälfte der Operationen, die wir machen, sind jedoch rekonstruktive Chirurgie, wie Narbenkorrekturen nach Unfällen, Hasenscharten, Bauchrekonstruktionen oder auch Operationen von riesigen Brüsten. Ein Drittel sind reine Schönheits-Operationen.

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25 Prozent Ihrer Kunden sind inzwischen Männer. Was lassen sie machen?

Seit Herr Klopp und Herr Lindner sich für eine Haartransplantation entschieden haben, boomt das bei uns auch. Männer lassen ab 50 auch Schlupflider und Tränensäcke machen, Nasenkorrekturen und ab einem gewissen Alter die Fettabsaugung, wenn sie Speck an Bauch und Hüften haben.

Orientieren sich die Männer auch an Prominenten?

Ja, auf jeden Fall. In Deutschland sind Schönheits-OPs zwar immer noch ein Tabuthema, um das jeder ein Geheimnis macht. Wenn ich mir mal die Schlupflider machen lasse, dann stehe ich dazu.

Warum lassen sich Männer operieren?

Bei den Männern sind es oft berufliche Gründe. Oder sie lassen es für sich selbst machen, oder weil sie eine jüngere Partnerin haben. Hinzu kommt, dass Männer mit Anfang 60, Schlupflider und Tränensäcke bekommen, sich aber wie Ende 40 fühlen. Ich mache drei Mal die Woche Sport, spiele Tennis, ernähre mich gesund, schlafe jede Nacht acht Stunden, arbeite, habe ein glückliches Leben. Deswegen fühle ich mich so fit wie mit 50.

Aber es sind doch gerade die Falten, die die Reife eines Menschen zeigen. Mit einer Operation radiert man diese Lebens-Spuren einfach weg.

Ich bin kein Mensch, der sich unbedingt operieren und glatt bügeln lässt. Doch Altern will keiner. Die Zähne werden schlechter, man sieht schlechter, die Gelenke bauen sich ab. Die Sexualität verändert sich. Ich sage immer, man sollte nicht nur in Würde, sondern auch in Schönheit altern. Und es gibt eben viele, die sich nicht wohlfühlen mit den Alterserscheinungen. Das ist heute Zeitgeist.

Dem Sie aber entgegenwirken könnten.

Die Vorbilder aus dem Internet werden wir nicht mehr wegbekommen. Die Patienten müssen gut beraten werden, ihnen darf nichts vorgegaukelt werden. Da muss auch die Schönheitschirurgie auf dem Boden bleiben. Auf der anderen Seite bin ich auch Dienstleister. Ich muss die Klinik für die nächsten 30 Jahre ins richtige Fahrwasser bringen. Ich habe zwei Mitarbeiter, die seit über zehn Jahren bei mir ausgebildet sind und die die Bodenseeklinik weiterführen sollen.

In unserem letzten Gespräch sagten Sie, dass Sie Altern schrecklich finden. Jetzt sind Sie 69. Haben Sie sich inzwischen damit angefreundet?

Ich kann dem Alter nichts Schönes abgewinnen. Ich würde alles, was ich besitze, hergeben, wenn ich noch mal jung wäre. Noch mal studieren könnte. Denn Jugend ist das Schönste, was es gibt. Ich habe Angst vor der Gebrechlichkeit, vor dem Tag, an dem ich nicht mehr operieren kann. Mit 80 im OP tot umfallen, das wäre ein schöner Tod.

Werner Mang erklärt eine Nasen-OP