Eine Frau rennt die Marzahner Promenade entlang, die Verzweiflung ist ihr ins Gesicht geschrieben. Zielstrebig stürmt sie auf einen weißen Bus zu, ohne die interessierten Blicke der Passanten zu beachten. Den Tränen nahe, klopft die Frau an der Bustür, einen Moment später schwingt diese auf.
Zwei Männer bitten sie höflich herein, einer der beiden trägt einen markanten, präzise geringelten Schnauzbart im Gesicht. Es ist der bekannte Fernsehanwalt Ingo Lenßen, an seiner Seite steht Ex-Fußballprofi Lennart Hartmann. Die beiden hören sich die erschütternde Geschichte der Frau an, eine Kamera nimmt das Gespräch auf.
Die Folge, die an diesem Drehtag für das Sat.1-Format „Lenßen hilft“ gefilmt wird, dreht sich um das Thema Zivilcourage. Gezeigt werden große Emotionen – von Wut über Trauer, von Angst zu Eifersucht. Denn darum soll es laut Lenßen gehen: „Wir wollen mehr aufklären statt ermitteln, mehr auf die emotionale Ebene gehen.“
Als Beispiel führt er den Fall eines Vaters an, der sein Kind nicht sehen will. „Wir könnten natürlich regelmäßige Treffen einklagen. Aber viel interessanter ist doch, wie wir dem Vater die Folgen seines Tuns vermitteln. Was er dem Kind damit antut.“

Der 63-jährige Reality-TV-Star, der am Bodensee lebt und in Bodman-Ludwigshafen auch eine Kanzlei hat, wird dabei von der Berliner Anwältin Lisa Cramer und dem ehemaligen Hertha-BSC-Spieler Hartmann unterstützt. Der 33-Jährige arbeitet seit zwei Jahren als zugelassener Rechtsanwalt.
Die Serie stellt für ihn eine Chance dar, mit Klischees über Fußballspieler aufzuräumen, sagt Hartmann: „Meine Fußballkarriere hatte nach einer Verletzung ein schnelles Ende. Ich habe nach einer neuen Herausforderung gesucht und wollte auch zeigen, dass wir Fußballspieler mehr können als nur kicken. Ich habe immer gehört, Jura und Medizin seien die schwersten Studiengänge. Da ich kein Blut sehen kann, wurde es Jura.“
Vor Ort an sozialen Brennpunkten
Bei „Lenßen hilft“ kümmert sich der junge Anwalt vor allem um IT-Recht, Cramer insbesondere um Familienrecht. Die Klienten – bei denen es sich um Amateur-Schauspieler handelt – treffen in dem Bus auf die drei Juristen.
Das Büro auf Rädern tourt dabei für die Dreharbeiten durch die Hauptstadt und steht jede Woche an einem anderen Ort. Es handelt sich immer um soziale Brennpunkte, in jeder Folge suchen Menschen mit keinem oder geringen Einkommen Hilfe.
„Die Serie vermittelt, dass sich Kämpfen lohnt. Auch gegen Stärkere“, erklärt sich der Anwalt mit dem Schnauzbart den Erfolg des Genres Pseudo-Doku. Auch die Serie „Richter Alexander Hold“, in der Lenßen 2001 seinen ersten Auftritt hatte, fällt darunter: Echte Richter und Anwälte, die über nachgestellte Fälle entscheiden. Nach etwa 25 Minuten – trotz einer mehr oder weniger überraschenden Wendung – ist die Angelegenheit geklärt, den Schuldigen ist die gerechte Strafe zugekommen und die Unschuldigen sind glücklich.
Eine schwarz-weiße Weltdarstellung, die für viele eine kurze Auszeit von der komplizierten Realität zu sein scheint. Diesen Eindruck vermitteln zumindest die zufällig vorbeilaufenden Fans, die immer wieder nach einem Autogramm fragen.
Die einstelligen Einschaltquoten des ähnlichen Formats „Lenßen ermittelt“, das Mitte Oktober 2023 abgesetzt wurde, soll nun die Ufa-Serial-Drama-Produktion mit dem Bus der drei Anwälte richten. „Lenßen hilft“ wird den Angaben zufolge erstmals am 18. November um 18 Uhr, wieder auf Sat.1., ausgestrahlt. An jedem Wochentag soll es zwei Folgen geben.