Als Francesco Wilking klein war, gab es noch den Direktzug von Basel nach Rom. Mit dem ist der 1974 in Lörrach unweit des Dreiländerecks Frankreich-Schweiz-Deutschland geborene Musiker oft gefahren. Und kam schon bald in diese ganz besondere Stimmung.

„Sobald du die Alpen im Rücken hattest, also spätestens ab Bozen, ging es los. Die Durchsagen auf den Bahnsteigen, der kleine Espresso oder ein Cornetto im Zug, und schlagartig hatte ich wieder mein ‚Aha, ich bin in Italien‘-Gefühl“, schildert er. Wilkings Mutter ist Italienerin, sie kam in Rom zur Welt, ihre Familie lebt bis heute dort, die häufigen Besuche haben sich ihm tief ins Gehirn eingebrannt.

Licht, Luft, Geruch – alles anders in Italien

„Das Licht ist anders, die Luft ist anders, der Geruch ist anders“, sagt Wilking. „Ich will nicht sagen, dass es eine andere Kultur ist als bei uns, aber es ist schon ein etwas leichteres, ein grundlegend beschwingteres Lebensgefühl.“

Dank Francesco Wilking, der 1997 erst nach Freiburg zum Studieren ging, seit 2001 in Berlin lebt und heute eher immer noch in schöner Regelmäßigkeit in das Amore-Gelato-Sehnsuchtsland reist, hat das Gefühl der italienischen Leichtigkeit Einzug gehalten in die ja oft genug ziemlich kartoffelige deutsche Popmusik.

Die Band Crucchi Gang um Sänger Francesco Wilking (Mitte).
Die Band Crucchi Gang um Sänger Francesco Wilking (Mitte). | Bild: Rolf Vennenbernd/dpa

2019 erfand der Indie-Musiker gemeinsam mit der Musikmanagerin Charlotte Goltermann die Crucchi (sprich: Krukki) Gang. Im Spätsommer 2020 veröffentlicht, wurde aus der weinseligen Idee, deutsche Songs zusammen mit den Original-Interpreten ins Italienische zu überführen, dank der pandemischen Reiseverbote plötzlich eine Riesengeschichte. Und das Album „Crucchi Gang“ – beteiligt waren unter anderem Sven Regener, Clueso und Sophie Hunger – ein Sensationserfolg.

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Drei Jahre später gondeln längst wieder alle leibhaftig durch die Weltgeschichte, doch dem außerordentlichen Charme des Crucchi-Gang-Erlebnisses tut das keinen Abbruch. Im Gegenteil. Die zweite Platte „Fellini“, erschienen bei Universal Music, ist ebenso hübsch wie die erste, die Songs klingen lässig, romantisch, verträumt. Sie sind mit großer Liebe zum Detail produziert und arrangiert, auch Ausflüge in Richtung Italo-Disco unternimmt man jetzt.

„Fellini“ heißt das zweite Album der Crucchi Gang, benannt nach dem italienischen Regisseur.
„Fellini“ heißt das zweite Album der Crucchi Gang, benannt nach dem italienischen Regisseur. | Bild: Universal Music

Doch bei aller vordergründigen Sommer-Sonne-Strand-Sorglosigkeit, die von diesen Liedern abstrahlt, ist „Fellini“ nicht ganz frei von einer gewissen Schwere. Natürlich sei der Crucchi-Gang-Blick auf Italien ein etwas naiver, weiß Wilking.

Zum realen Italien gehört eben nicht nur Zitroneneis, sondern etwa auch eine teils inhumane Flüchtlingspolitik des Wegschauens und der fehlenden Bereitschaft, Menschenleben zu retten, orchestriert von einer rechten Regierung. „Aber Musik war in Italien immer schon eine treibende Kraft der Protestkultur, und es gibt immer noch sehr viele Menschen, die Visionen von einem besseren Italien haben.“