Reinhold Hönle

Manche Rock’n’Roller würden sich im Grab herumdrehen, wenn sie wüssten, dass Sie um 7.45 Uhr ein Interview geben. Warum stehen Sie so früh auf?

Wenn man für das neue Album wirbt, macht man schon mal um 3.30 Uhr einen Soundcheck, um im Frühstücksfernsehen auftreten zu können. Statt Sex, Drugs und Rock’n’Roll bedeutet das Musikmachen für mich vor allem jeden Tag viel Arbeit. Das ist aber auch gut so. Ich stehe lieber früh auf und schaffe viel, als den Tag zu verschlafen.

Wincent Weiss' zweites Album "Irgendwie Anders" ist gerade erschienen.
Wincent Weiss' zweites Album "Irgendwie Anders" ist gerade erschienen. | Bild: Vertigo Berlin / Universal Music

Welche der Wünsche und Träume, von denen der Song „Kaum erwarten“ handelt, sind schon in Erfüllung gegangen?

Was ich mir musik- und karrieremäßig vorgenommen hatte, ist schon hundertfach übertroffen worden. Es ist der Wahnsinn, was ich erleben darf! Für das, was ich mir privat und familiär vorstelle, war bisher viel zu wenig Zeit: irgendwann Papa zu werden und Opa. Im Video werde ich einen künstlichen Bart tragen. Ein eigener ist mein unrealistischster Wunsch. Aber man soll ja nie aufhören zu träumen … (schmunzelt)

Hilft Ihnen das Texten eigentlich dabei, schwierige Dinge zu verarbeiten?

Sich mit etwas zu beschäftigen, hilft immer. Manche sprechen mit Freunden oder der Familie, ich kommuniziere beim Songschreiben mit den Fans. Mich hat mal einer gefragt: „Ist es nicht blöd, jeden Abend auf der Bühne zu stehen und immer wieder an die Ex erinnert zu werden?“ Gar kein so ein schlechter Punkt, aber dafür geht die Verarbeitung weiter.

Wie erholen Sie sich überhaupt?

Noch gar nicht so richtig. Ich arbeite 95 Prozent und habe fünf Prozent Privatleben. Ich versuche, wenigstens anderthalb Stunden pro Tag für mich selbst zu haben. Dann fahre ich Motorrad, treibe Sport oder höre Musik – und ich muss mit niemandem reden. Urlaub zu machen nehme ich mir immer vor, doch die Woche im April habe ich storniert.

Wohin wollten Sie reisen?

Nach Bali. Nach 13 Jahren Skatebord- und Snowboardfahren will ich unbedingt mal surfen lernen. Da ich Knieprobleme habe, wäre dieser Wunsch aber wohl kaum in Erfüllung gegangen.

Wie wichtig ist Ihnen Geschwindigkeit?

Ich fahre gerne zügig, aber beim Snowboardfahren bin ich eher der entspannte, technische Fahrer und mache Tricks beim langsamen Fahren. Beim Auto- und Motorradfahren komme ich in einen Geschwindigkeitsrausch. Leider.

Wie viel von Ihrem Verdienst geht für Bußgelder drauf ?

Da ich mit Tempomat fahre, bin ich seit zweieinhalb Jahren nicht mehr geblitzt worden. Das liegt aber auch an den vielen Autobahnstrecken in Deutschland, auf denen noch freie Fahrt herrscht.

Wie kam es zum Lied „1993“?

Ich habe es schon vor fünf Jahren geschrieben, aber es passte nicht zur ersten Platte. Das ist nun anders, da ich auf dem zweiten Album viel mehr von mir preisgebe. „1993“ handelt von meiner familiären Situation. Ich bin bei meiner Mum großgeworden und ohne Papa. Der hat mir aber nie gefehlt. Trotzdem möchte ich mit dem Song Väter und Mütter aufrufen, sich um ihre Kinder zu kümmern und nicht zu verschwinden.

Sie sind der erste Vincent, den ich kenne, der sich mit W schreibt …

Wenn ich Vincent mit V sehe, finde ich das komisch. Aber mit W kenne ich keinen! (lacht) Alle denken, es ist ein Künstlername, aber es steht so in meinem Personalausweis.

Hat das eine besondere Bewandtnis?

Meine Mum wollte einfach, dass die Initialen von Vor- und Nachname gleich sind. Sie wollte lieber WW haben als VW! So wurde ich zu Wincent. Wenn ich ein Mädchen geworden wäre, hätte sie mich Wendy getauft. Deshalb bin ich froh, dass ich ein Junge geworden bin …

Wer inspiriert die Live-Show, mit der Sie im Herbst auf Tournee gehen?

Ein bestimmtes Vorbild habe ich nicht. Kürzlich habe ich mir auf Netflix Taylor Swift angeschaut. Ich finde es krass, wie bombastisch die Shows der amerikanischen Künstler sind. Bei ihr ist jede Sekunde etwas explodiert und in die Luft geflogen. Sogar sie selbst! (lacht) Bei uns wird es entspannter ablaufen. Ich komme mehr vom Heavy Metal.

Tatsächlich?

Damit habe ich Musik zu machen begonnen! Wenn wir die berühmten Metal-Bands gecovert haben, steuerte ein Freund die ganzen Shouts und Screams und ich den Gesang bei. Ich höre heute noch hauptsächlich Metal und noch ein wenig, was die Kollegen machen.

Wie kam es, dass Sie nun radiogängigen Deutschpop machen?

Ich fühle mich beim Songschreiben wohler, weil ich mich auf Deutsch besser ausdrücken kann. Ich schließe aber nicht aus, irgendwann mal ein kleines Metal-Projekt zu machen.