Gitarre, Gitarre, Bass, Schlagzeug. Mehr baucht es nicht. Was in den 70er-Jahren gut war, kann vier Jahrzehnte später nicht schlecht sein, finden Altin Asllani und Jan Jossi. Aber zwei Dinge fehlen doch noch: dunkle Lederkleidung und Mehrtagebart. Fertig ist der Rock’n’Roll. Asllani ist Frontmann bei der Schweizer Band Pablo Infernal, Jossi ist Schlagzeuger. Nicht der erste der Band aus der Nähe von Zürich, trotz ihrer noch jungen Karriere. „Ganz ehrlich: Wir haben auf einem Schulkonzert mit meinem Lehrer als Drummer angefangen“, gesteht Asllani nach dem Auftritt beim Open Air in St. Gallen, wo Pablo Infernal ihre bislang größte Bühne bespielten. Zum Auftritt fallen den beiden viele Un-Wörter ein – im besten Sinne: unfassbar, unglaublich, unvorstellbar.
Unvorstellbar ist die Tatsache, dass eine Band mit einem Durchschnittsalter um die 20 Jahre nicht eine, sondern gleich zwei Musikgenerationen überspringt. „Rock’n’Roll ist echt, er inspiriert“, sagt Schlagzeuger Jan Jossi in tiefstem Schweizerdeutsch. Er versucht es erst gar nicht auf Hochdeutsch. „Wenn ich das spreche, hört es sich an, als hätte ich einen Knoten im Kopf“, sagt er. Echte Rock-’n’-Roller-Haltung also – erst einmal den starken Max raushängen lassen. Das wirkt eher sympathisch als unfreundlich, echt eben. Es gehört Mut dazu, sich heute an Led Zeppelin, Deep Purple oder Frank Zappa zu orientieren; an Musikern, die Gleichaltrigen nur dank Omas oder Opas Plattenregal ein Begriff sind. „Wir wollen, dass Pablo Infernal für etwas steht“, sagt Sänger Altin Asllani. Den Band-Namen spricht er spanisch aus, mit einem rollenden R in Infernal.
„Das Infernalische ist ja das Wichtige, das soll man dann auch betonen.“ Das Interesse für den Rock der 70er-Jahre sei nicht aufgesetzt. „Ich habe mit unserem Bassisten Fabio Schöni mit 14 das Interesse für Frank Zappa entdeckt, so fing alles an.“ Schöni hat den Bass seines Vaters im Keller entdeckt, dann ging es los. Klingt sehr nach Musik-Romantik, zu perfekt für eine Rock-’n-’Roller-Karriere.
„Jetzt gilt: alles, wirklich alles für die Musik.“
Die Karriere lief dann holprig an. Das im Oktober 2016 erschienene Debüt „Lightning Love“ lag drei Jahre lang in der Schublade. Ein Produzent empfahl der Band damals, ihr Album nicht ohne eine Agentur im Hintergrund herauszubringen. Die war zwar irgendwann gefunden, die Partnerschaft zerschlug sich aber wieder. „Da war die Moral schon ziemlich weit unten“, erinnert sich Asllani. „Zumal uns mit Timo Meier auch noch unser Schlagzeuger verlassen hat.“ Das Hoch kam schließlich mit Jan Jossi zurück. Der erklärt seinen Einstieg routiniert: „Timo will jetzt eben alleine etwas machen, für mich war das eine Chance.“ Dass aus einer Chance auch etwas entstehen konnte, lag an der jungen österreichischen Plattenfirma Kleio Records. „Wir haben uns auf den Alpen zugejodelt und gefunden“, sagt Asllani.
Das Echo kam: Schweizer Medien sind angetan. Im November 2016 erhielten Pablo Infernal vom Sender SRF 3 den Preis als Talent des Monats. „Das hat uns schon umgehauen, wir sollten dort eigentlich nur einen Radio-Auftritt haben und wurden überrascht“, erinnert sich Altin Asllani. SRF-Moderator Dominic Dillier gefiel, dass sich die Talente ohne Berührungsängste in den Klischee-Sumpf des Rockabilly werfen, er sagt: „Pablo Infernal haben einen echten Wurf gelandet.“ Kurz darauf wurde „Lightning Love“ als Schweizer Rock-Album des Jahres ausgezeichnet.
Genug Aufwind, um musikalisch nachzulegen. Die Arbeiten fürs neue Album laufen gut. Jan Jossi fordert sich und seine Bandkollegen auf: „Jetzt gilt: alles, wirklich alles für die Musik.“ Vielleicht demnächst auch in Deutschland, um DJ Bobo als nach wie vor bekanntesten Schweizer Musiker abzulösen? „Nichts gegen Bobo, der ist ein Supertyp“, sagt Asllani. „Aber wir sind musikalisch doch etwas anders drauf.“
Die zurzeit angesagtesten Musiker aus dem Nachbarland
- Faber hat mit „Sei ein Faber im Wind“ gerade erst sein Debüt-Album veröffentlicht. Der 24-Jährige, der eigentlich JulianPollina heißt und der Sohn des Liedermachers Pippo Pollina ist, geht in seinen deutschen Texten gern mal unter die Gürtellinie.
- Sophie Hunger ist mit Musik aufgewachsen – schon als Kind lernte die heute 34-Jährige verschiedensteStile kennen. Ihre erste CD erschien 2006 im Eigenvertrieb, der Durchbruch kam 2008 mit dem ersten Studio-Album. Hunger singt auf Englisch, Deutsch, Französisch und Schweizerdeutsch, sie war die erste Schweizer Künstlerin beim Glastonbury-Festival.
- Die dreiköpfige Band Pegasus um Sänger, Gitarrist und Pianist Noah Veraguth gehört zu den erfolgreichsten Pop-Gruppen der Schweiz. Im Juni ist „Beautiful Life“ erschienen, das fünfteStudio-Album der Band aus Biel. Die Musiker wurden bislang mit drei Swiss Music Awards ausgezeichnet, dazu kommen mehrfach Gold und Platin und ausverkaufte Tourneen. (nri)