Man nennt ihn den deutschen Justin Bieber. Und ja, das liegt auch nahe. Denn Mike Singer ist jung, er sieht gut aus, er kann singen – und seine Karriere begann bei YouTube. Das Gesamtpaket kommt besonders bei den weiblichen Fans des Teenie-Stars so gut an, dass bei Autogrammstunden Kreislaufzusammenbrüche vor lauter Aufregung eher die Regel als die Ausnahme sind. Anfang März wurde deutschlandweit über Singer berichtet, weil bei einem Auftritt des 17-Jährigen in einem Einkaufszentrum in Mönchengladbach neun Fans vor Ort vom Notarzt behandelt werden mussten und vier sogar ins Krankenhaus kamen. 800 Leute hatten sich gedrängelt, am Ende musste die Polizei das Ganze beenden.

Das sind die Schattenseiten des Erfolgs – und der bricht gerade mit Wucht über Mike Singer herein. Mit seinem Album „Karma“ hat er auf Anhieb die Spitze der deutschen Album-Charts erobert (auch wenn er nach einer Woche von Ed Sheeran wieder von Platz eins verdrängt wurde). Genau davon hat der Offenburger vermutlich geträumt, als er vor fünf Jahren anfing, auf YouTube Videos hochzuladen – zuerst Cover-Versionen großer Hits, dann auch immer mehr eigene Songs. Tja: „Andere spielen Fußball, ich habe mit zwölf den ersten Song online gestellt.“ Ob er den großen Durchbruch da für realistisch gehalten hat? Wohl kaum.

Den entscheidenden Schub bekam Singers Karriere durch seine Teilnahme an der Castingshow „The Voice Kids“ – 2013 holte ihn Lena Meyer-Landrut in ihr Team. Gewonnen hat er die Show nicht, ganz oben angekommen ist er inzwischen dennoch. Dabei hat Singer – der wirklich so heißt – nicht mal eine musikalische Ausbildung. „Ich habe mir ein bisschen Gitarre und Klavier beigebracht, aber nur so ein paar Akkorde zum Songschreiben.“ Wenn er schreibt, hat er professionelle Hilfe, unter anderem von Rapper Eko Fresh.

Singers Lieder drehen sich um das, was Teenager bewegt, Mobbing zum Beispiel. „Ich wollte den Leuten Mut machen“, sagt er. Und dann traf es ihn selbst: Hacker veröffentlichten seine private Telefonnummer im Internet … Inzwischen ist er oft mit Bodyguard unterwegs. Aber zumindest im Netz bleibt er für seine Anhänger erreichbar. 1,2 Millionen Fans folgen ihm auf Instagram, 350.000 sind es auf Facebook, fast 400.000 auf YouTube. Mit ihnen teilt er seine Gefühle. „Das ist keine Show. Ich bin auch nur ein Mensch, und Menschen sind manchmal traurig. Dann kann ich ja nicht so tun, als wenn es mir gut geht“, sagt er. Und sobald er Zeit hat, beantwortet er Nachrichten.

In die Schule schafft es Singer trotzdem noch, wenn er nicht gerade für Auftritte (zum Beispiel am 2. April 2017 in Zürich und am 19. April in Stuttgart) und Termine beurlaubt wird. „Die finden cool, was ich mache, und freuen sich mit mir“, sagt er über seine Mitschüler. Wenn er das Fachabitur in der Tasche hat, soll es nur noch um die Musik gehen: „Ich möchte dann endlich Vollgas geben und mich voll auf die Karriere konzentrieren.“ Die Voraussetzungen hat er: In seinem Zimmer hat er sich ein kleines Tonstudio eingerichtet.

Die große Liebe passt in dieses Leben gerade nicht hinein, da geht Singer doch lieber in den Europapark Rust, der Jahreskarte sei Dank. „Manchmal gehen wir nach der Schule nur für eine halbe Stunde hin. Fahren einmal Achterbahn und gehen dann wieder“, erzählt er.

Der 17-Jährige kann den Erfolg noch nicht richtig fassen. „Es ist der Wahnsinn, was hier passiert, und ich bin dafür mehr als dankbar.“ Besteht da nicht die Gefahr abzuheben? Das glaubt Singer nicht. „Mein Team und meine Familie sorgen dafür, dass ich nicht abhebe“, sagt er. „Ich bin ein normaler Junge, der Musik macht.“ Der Vergleich mit Justin Bieber, „einem so großen Künstler“, ehrt ihn, „allerdings bin ich Mike Singer und nicht Justin Bieber und ich stehe für meine eigene Musik“. Und Musik – das ist für ihn einfach das Größte.

Mike Singer bei den Blind Auditions von "The Voice Kids" (2013):

"Nur mit dir" (2015):

"Bring mich zum Singen" (2016):

"Karma" (2016):

"Egal" (2017):

"1Life" (2017):