Martin Weber

2014 hörte er mit seiner Late-Night-Show auf, doch Harald Schmidt ist keineswegs ganz von der Bildfläche verschwunden. Der 61-Jährige ist unter anderem Video-Kolumnist im Internet, Fußballexperte im Fernsehen, Schauspieler auf dem ZDF-Ein„Traumschiff“ und gefragter Interviewpartner – Schmidt sieht sich in dieser Funktion als kreativer „Interview-Künstler“.

Jetzt feiert der wegen seines zynischen Humors auch „Dirty Harry“ genannte Entertainer gar sein Debüt als Operndarsteller: In der Oper „Ariadne auf Naxos“ ist Schmidt an der Staatsoper Stuttgart als Haushofmeister zu sehen, sein erster Auftritt geht am 2. Juni 2019 über die Bühne.

Ein „großer Künstler“

„Er macht sich ganz hervorragend, alle sind mit ihm zufrieden. Harald Schmidt ist ein großer Künstler“, berichtet Staatsopern-Sprecherin Sara Hörr ganz begeistert von den Proben.

„Mich verbindet mit der Staatsoper Stuttgart vor allem die gemeinsame Kantine, die ich schon aus meiner Zeit als Schauspielschüler und später als Ensemblemitglied im Schauspiel kenne“, lässt Harald Schmidt in gewohnt ironischer Manier verlauten.

Nur sprechen, nicht singen

„Womit kann ich dienen?“ – das ist der erste Satz des Haushofmeisters in „Ariadne auf Naxos“. Gesangstechnisch gefordert ist Schmidt in seinem Part aber nicht, denn es handelt sich um eine reine Sprechrolle in der vor mehr als 100 Jahren von Musikgenie Richard Strauss komponierten Oper, zu der der Dichter Hugo von Hofmannsthal das Libretto beisteuerte.

Schmidt muss nur schauspielerisch überzeugen, was dem 61-jährigen Schwaben, der vor vielen Jahren an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart zum Schauspieler ausgebildet wurde, nicht schwerfallen dürfte.

Erfahrener Bühnenschauspieler

Gelernt ist halt gelernt, zudem hat Schmidt auch in den vergangenen Jahren die eine oder andere Bühnenrolle übernommen. So war er noch zu seiner Zeit als Moderator der „Harald Schmidt Show“ am Schauspielhaus Bochum in Samuel Becketts Klassiker „Warten auf Godot“ sowie in Daniel Besses sozialkritischem Stück „Die Direktoren“ zu sehen.

Am Staatstheater Stuttgart, wo Schmidt von 2007 bis 2011 zum Ensemble zählte, wirkte er unter anderem in Inszenierungen des Dramatikers und Regisseurs René Pollesch mit.

Dann doch lieber Fernsehen

Dabei hatte der junge und nur mäßig erfolgreiche Schauspieler Harald Schmidt der Theaterbühne einst frustriert den Rücken gekehrt, um beim Fernsehen berühmt zu werden – was ihm auch gelang: Vor allem mit seiner von 1995 bis 2014 bei verschiedenen Sendern ausgestrahlten „Harald Schmidt Show“ setzte er Maßstäbe in der deutschen Fernsehunterhaltung und wurde zur Kultfigur.

Das waren noch Zeiten: In den 1990er-Jahren begann Harald Schmidts Karriere als Late-Night-Moderator bei Sat.1.
Das waren noch Zeiten: In den 1990er-Jahren begann Harald Schmidts Karriere als Late-Night-Moderator bei Sat.1. | Bild: Andreas Mangen / dpa

Seit seinem Abschied als Late-Night-Moderator gibt Schmidt den Hansdampf in allen Gassen: Er tritt als schrulliger Kreuzfahrtdirektor Oskar Schifferle auf dem „Traumschiff“ in Erscheinung, im Internet nimmt er als Video-Kolumnist für „Spiegel Online“ aktuelle Entwicklungen aufs Korn, für die SWR-Miniserie „Labaule & Erben“ steuerte er die Idee bei.

All das macht schmerzlich bewusst, wie sehr Schmidt dem deutschen Fernsehen als Late-Night-Moderator fehlt.