In einem der politisch umstrittensten Eurovision Song Contests (ESC) in der Geschichte des Wettbewerbs hat der Schweizer Starter Nemo gewonnen. Nemo setzte sich in der Nacht zu Sonntag mit 591 Punkten gegen den in den Wettbüros favorisierten Kroaten Baby Lasagna durch, der insgesamt 547 Punkte holte. Deutschland wurde starker Zwölfter. Das ESC-Finale wurde von Protest gegen Israel begleitet, deren Sängerin Eden Golan erhielt Pfiffe und Buhrufe.

Nemo ist erster nicht binärer Gewinner

Nemo ist der erste nichtbinäre Gewinner des zum 68. Mal ausgetragenen ESC, Nemo sagt von sich, sich weder als Mann noch als Frau zu fühlen. Der in Berlin lebende Schweizer Starter erzählt mit „The Code“ auch seine eigene Geschichte. Die Inszenierung von „The Code“ ist bombastisch, das Lied gilt als eine Schweizer Variante des Welthits „Bohemian Rhapsody“ von Queen. Nemo begleitete den Auftritt mit einer artistischen Bühnenshow.

Nemo aus der Schweiz tritt mit dem Titel „The Code“ auf der Bühne beim Finale des Eurovision Song Contest (ESC) 2024 in der Malmö Arena auf.
Nemo aus der Schweiz tritt mit dem Titel „The Code“ auf der Bühne beim Finale des Eurovision Song Contest (ESC) 2024 in der Malmö Arena auf. | Bild: Jens Büttner

Dritter Sieg für die Schweiz

Für die Schweiz ist es der dritte Sieg in dem Wettbewerb. Zuletzt gewann 1988 Céline Dion für die Eidgenossen, die nun Gastgeber des nächsten ESC werden. Nach dem Gewinn des gläsernen Mikrophons des Siegers zeigte sich Nemo „wirklich dankbar“. „Die ganze Erfahrung war wirklich intensiv.“ Die Begleitumstände mit der Diskussion um Israel hätten ihn allerdings „wirklich traurig“ gemacht. Auf der anderen Seite sei aber auch während der Tage in Malmö viel Liebe und positive Stimmung zu spüren gewesen. „Wir müssen einfach miteinander sprechen“, es sei Empathie nötig.

Hinter der Schweiz und Kroatien wurde die Ukraine Dritter, Frankreich landete auf dem vierten Platz. Israel wurde Fünfter.

Politische Proteste vor der Arena

Die Musik geriet trotz zahlreicher starker Beiträge beim ESC allerdings fast in den Hintergrund wegen der Proteste gegen die Teilnahme Israels. Nachdem in den Tagen während des Wettbewerbs in Malmö schon wiederholt Menschen einen Ausschluss Israels vom ESC gefordert hatten, gingen auch am Samstag mehrere tausend Menschen auf einer pro-palästinensischen Demonstration auf die Straße.

Pro-palästinensische Demonstranten, die sich gegen die Teilnahme Israels am 68. Eurovision Song Contest ESC aussprechen, demonstrieren ...
Pro-palästinensische Demonstranten, die sich gegen die Teilnahme Israels am 68. Eurovision Song Contest ESC aussprechen, demonstrieren in der Nähe der Malmö Arena, Schweden, am Vorabend des großen Finales am 11. Mai 2024. | Bild: IMAGO/Antti Aimo-Koivisto

Vor der Malmö Arena riefen pro-palästinensische Demonstranten den Zuschauern beim Reingehen in die Halle „Shame on you“ – schämt euch – entgegen, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP am Samstag berichtete. Zwischenzeitlich kam es auch immer wieder zum Gerangel zwischen Demonstranten und der Polizei. Die zu den Protestierenden zählende schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg wurde von der Polizei abgeführt.

Israelischer Auftritt ausgebuht

Die aufgeheizte Stimmung schlug sich auch im Wettbewerb nieder: Die Israelin Eden Golan wurde ausgepfiffen und ausgebuht, einige Zuschauer verließen aus Protest während ihres Auftritts die Arena. Auf der anderen Seite erhielt Golan aber viele Punkte von den Zuschauern aus den 37 Teilnehmerländern, bei den Jurys konnte sie dagegen nur wenig punkten.

Für den unter dem Slogan „United by Music“ – vereint durch Musik – stehenden Wettbewerb waren die Unmutsäußerungen gegen Golan dennoch Ausdruck einer beispiellos negativen Stimmung. Israel reagiert mit seinem Vorgehen im Gazastreifen auf den Angriff der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas am 7. Oktober.

Niederländers Joost Klein kurz vor ESC-Finale disqualifiziert

Getrübt wurde die Stimmung beim ESC zusätzlich durch den umstrittenen Ausschluss des Niederländers Joost Klein wenige Stunden vor dem ESC-Finale. Der mit seinem Lied „Europapa“ zu den Mitfavoriten zählende Klein wurde nach der Beschwerde einer Kamerafrau des ESC vom Wettbewerb ausgeschlossen. Die Polizei ermittelt in der Sache.

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Der niederländische Fernsehsender Avrotos nannte die Strafe unverhältnismäßig. Nach Darstellung des Senders hatte Klein eine Drohgeste gegen die Frau gemacht, weil diese ihn gegen seinen wiederholt erklärten Willen gefilmt habe. Der Sänger habe die Frau jedoch nicht berührt.

Deutscher Starter Isaak belegt zwölften Platz

Der deutsche Starter Isaak wollte sich nicht zu den Protesten gegen Israel äußern. Zu dem Vorfall um Joost Klein sagte Isaak, dies sei bei den Künstlern backstage kein größeres Thema gewesen. Mit seinem eigenen Auftritt sei er „sehr zufrieden“, sagte Isaak.

Der deutsche Sänger Isaak, der Deutschland mit dem Lied „Always on the Run“ vertritt, tritt während des Finales des 68. Eurovision Song ...
Der deutsche Sänger Isaak, der Deutschland mit dem Lied „Always on the Run“ vertritt, tritt während des Finales des 68. Eurovision Song Contest (ESC) 2024 am 11. Mai 2024 in der Malmö Arena in Malmö, Schweden auf. | Bild: JESSICA GOW/TT

Es habe sich für ihn auf der Bühne „sehr, sehr gut“ angefühlt. „Ich war voll bei mir. Ich habe so abgeliefert, wie ich mir das erwartet habe.“ Nach den Tagen in Malmö sei er jetzt allerdings „richtig kaputt“, er wolle sich in den kommenden Tagen nur ausruhen. Danach werde er aber noch feiern. „Wir werden das auf jeden Fall feiern.“

Isaaks zwölfter Platz ist das beste deutsche Abschneiden beim ESC seit dem vierten Platz von Michael Schulte im Jahr 2018. In den vergangenen beiden Jahren war Deutschland jeweils Letzter geworden.

ran/se