Von Patrick Heidmann

Daraus, dass kaum eine Geschichte im Horror-Genre schon so oft erzählt wurde wie Mary Shelleys Bericht vom größenwahnsinnigen Wissenschaftler und seinem Monster (erst kürzlich war in der Serie „Penny Dreadful“ eine weitere Variante zu sehen), macht die neue Version keinen Hehl. „Ihr kennt die Geschichte“, lautet folgerichtig gleich der erste Satz in „Victor Frankenstein – Genie und Wahnsinn“. Doch all das Spielen mit offenen Karten nützt dem Film von Regisseur Paul McGuigan und Drehbuchautor Max Landis wenig.

Die Titelfigur wird von James McAvoy gespielt, doch der Erzählfokus liegt auf Daniel Radcliffes Igor, den der ehrgeizige Frankenstein zunächst aus einem Zirkuskäfig und dann von seinem monströsen Buckel befreit, bevor er ihn zum Assistenten macht. Den Eifer seines Meisters im wissenschaftlichen Streben nach Unsterblichkeit unterstützt Igor zunächst so ehrfürchtig wie eifrig, doch die Skepsis steigt zusehends, denn natürlich läuft die Sache – auch angesichts eines ermittelnden Kommissars (Andrew Scott), einer hübschen Trapezkünstlerin (Jessica Brown Findlay) und anderer Außenfaktoren – bald aus dem Ruder. Man kennt die Geschichte, wie gesagt, selbst in abgewandelter Form.

Gut möglich, dass McGuigan und Landis mit ihrem Film für den Frankenstein-Mythos das schaffen wollten, was der britische Regisseur Guy Ritchie mit seinen „Sherlock Holmes“-Filmen recht erfolgreich gelungen war: einen auserzählt-angestaubten Klassiker mit den modernsten Mätzchen des heutigen Kinos in ein rasantes, effekthascherisches Action-Spektakel zu verwandeln.

Das scheitert im Fall von „Victor Frankenstein – Genie und Wahnsinn“ nur leider gnadenlos, und zwar nicht nur deshalb, weil es an Tempo und Action mangelt. Schwerer wiegt noch, dass hier keiner genau zu wissen scheint, wohin die Reise eigentlich gehen soll, selbst die Schauspieler agieren bisweilen führungslos. So bleibt am Ende weniger ein modernisiertes Klassiker-Update, sondern bloß alter Wein in aus verschiedenen Fetzen (Grusel, Komödie, Kostümfilm, Romanze, Spezialeffekte-Geplänkel) lieblos zusammengeflickten und mit unnötigen Mätzchen verzierten Schläuchen. Zum Leben erwacht dieser Film leider noch weniger als Frankensteins Kreatur.

Abspann

Originaltitel: Victor Frankenstein

Regie: Paul McGuigan

Darsteller: Daniel Radcliffe, James McAvoy, Jessica Brown Findlay

Länge: 110 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Verleih: Twentieth Century Fox