Markus Waibel

Herr Graf, wir nehmen mal an, dass Ostern zu Ihren liebsten Festen gehört.

Klar. Ich liebe Ostern. Um diese Zeit kommen bei mir immer wieder die schönsten Erinnerungen hoch. Das war damals ein tolles Erlebnis. Man muss sich das mal vorstellen: Ich, ein 19-Jähriger, im Endspiel um die Südbadische Amateurmeisterschaft, vor 5000 Zuschauern. Gelähmt war ich aber nicht angesichts dieser Kulisse. Ich war eher der unbekümmerte Typ, müssen Sie wissen. Und dann gelingt mir auch noch ein Tor. So etwas kann man nicht vergessen.

Was war nach dem Schlusspfiff los?

Das war ein unbeschreibliches Hochgefühl. Und für mich war es eine ganz besondere Ehre, als mich der damalige FCK-Präsident Graf Wilhelm Douglas nach dem Spiel geschnappt und mich in sein Mercedes-Sportcabrio gesetzt hat, mit den Worten: "Komm Gräfle, Du warst heute gut. Du fährst mit mir heim."

Werden Sie auch noch heute auf den Triumph angesprochen?

Ja, erst vor Kurzem, als ich beim Arzt im Wartezimmer saß. Ein anderer Patient hat mich erkannt und gemeint: "Sie sind doch der Graf vom FC Konstanz." Nach 60 Jahren. Das freut einen natürlich unheimlich, dass man nicht vergessen wurde.

Sie sind einer von drei damaligen FCK-Spielern, die heute noch leben. Sehen Sie die beiden anderen, Kurt Neuendorf und Manfred Hirn, noch regelmäßig?

Wir haben regelmäßig Kontakt, zumindest telefonisch. Und dann wird natürlich in Erinnerungen geschwelgt.

Schauen Sie sich regelmäßig die Spiele des SC Konstanz-Wollmatingen an?

Ich gehe hie und da zu den Spielen. Manch alter FCK-Fan weigert sich ja, nach der Fusion mit dem alten Rivalen nach Wollmatingen zu gehen. Da bin ich nicht so. Ich habe ja auch in der Jugend beim FC Wollmatingen angefangen.

Wie bewerten Sie den heutigen Amateurfußball im Vergleich zu dem Ihrer Zeit?

Die Fußballer heute sind athletischer als wir damals, viel durchtrainierter. Die rennen wie die Wilden den Platz rauf und runter. Aber was die Technik und Ballbehandlung angeht, sehe ich manchmal schon arge Defizite. Schüsse in Rücklage weit über das Tor sollten eigentlich in höheren Amateurklassen nicht vorkommen.

Hatten Sie sich mehr erhofft von der Fusion des FC Konstanz und des FC Wollmatingen zum SC Konstanz-Wollmatingen?

Wir haben halt mit dem FC Konstanz gegen südbadische Traditionsmannschaften wie Offenburger FV oder SC Freiburg vor tollen Kulissen gespielt. Der SC Konstanz-Wollmatingen tritt heute zum Teil vor einer Handvoll Zuschauer gegen Dorfvereine an. Wobei das nicht negativ gemeint ist: Auf dem Land wird tolle Arbeit geleistet. Beim Amateurfußball geht mir mehr gegen den Strich, dass es auch schon in unteren Klassen ums Geld geht und der Erfolg gekauft werden kann. Auch wenn es abgedroschen klingt: Auf dem Feld waren wir elf Freunde, eine verschworene Gemeinschaft mit einem gemeinsamen Ziel.


Fragen: Markus Waibel
 

Die Titelseite des SÜDKURIER vom Ostermontag 1957 mit dem Triumph des FCK gibt es hier zum Download:

Dateiname : Die SÜDKURIER-Titelseite vom 23. April 1957
Datum : 14.04.2017
Download : Jetzt herunterladen

 

Zur Person

Dieter Graf
Dieter Graf | Bild: Gabriela Frick

Dieter Graf wurde 1938 in Konstanz geboren. Als Jugendspieler war Graf beim FC Wollmatingen und später beim FC Konstanz aktiv, bei dem er bis 1963 am Ball war. Mit dem FCK wurde er unter anderem Südbadischer Amateurmeister 1957 und Südbadischer Pokalsieger 1962. Der Diplom-Ingenieur Nachrichtentechnik (FH) ist seit 1963 verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter. (mex)