FARNAZ NASIRIAMINI

„Die Herberge Lk 2,7b ist ein sprechendes Zeichen einer diakonischen Kirche“, erklärte Bischof Gebhard Fürst bei der Eröffnung und feierlichen Segnung des neuen Obdachlosenhauses in Friedrichshafen. Der Name „Herberge Lk 2,7b“ nimmt Bezug auf eine Stelle in der Weihnachtserzählung im Lukasevangelium, in dem auch Josef und Maria auf der Suche nach Geborgenheit waren. Der Sankt-Martinstag sei bewusst als Tag der Barmherzigkeit für die Eröffnung gewählt worden. Denn es sei ein Akt der Nächstenliebe, Menschen, die keine Heimat haben oder sogar ihre Heimat verloren haben, wieder ein Zuhause zu schenken.

„Wir dürfen trotz dem, was in der Welt passiert, die Menschen in unserem Land nicht vergessen, die auch Geborgenheit brauchen“, betonte Bischof Fürst im Hinblick auf die Flüchtlingssituation. Gerade deshalb sei die Neueröffnung des Obdachlosenhauses ein wichtiges gesellschaftliches Zeichen. 18 Männer und erstmals auch sechs Frauen finden künftig im neuen Obdachlosenhaus vorübergehend Schutz. Bisher gab es lediglich zehn Plätze für Männer. An der Eröffnung nahmen zahlreiche soziale Verbände, die das Vorhaben unterstützten, sowie Bürgermeister Andreas Köster für die Stadt Friedrichshafen und Landrat Lothar Wölfle für den Bodenseekreis teil. Musikalisch wurde die Eröffnung begleitet durch die Streichergruppe der Albert-Merglen-Schule.

Der Herbergsbau stieß auch überregional auf große Resonanz. Auf Landesebene setzte sich das Vorhaben gegen acht andere Projekte durch und bekam dadurch einen zusätzlichen finanziellen Zuschuss. Insgesamt belaufen sich die Kosten des Obdachlosenhauses auf knapp drei Millionen Euro. Dabei sei ein bemerkenswerter Teil allein durch Einzelspenden wie auch Sachspenden zusammengekommen. ZF spendete beispielsweise 20 000 Euro für einen Transporter. Landrat Lothar Wölfle bedankte sich für die langjährige Kooperation mit der katholischen Gesamtkirchengemeinde in Friedrichshafen, die Träger der Herberge ist. „Es ist wichtig, Menschen an die Hand zu nehmen und ihnen eine neue Chance zu geben“, betonte Wölfle. Zudem übergab er an Stefan Zorell, Heimleiter der Herberge, das Kreiswappen. Auch Bürgermeister Andreas Köster zeigte sich stolz auf das Projekt, das für ihn Nächstenliebe praktiziert. „Ich weiß, wie die Gesellschaft mit gehobenem Zeigefinger über Obdachlose urteilt. Meistens werden sie als Penner beschimpft. Da würde ich mir wünschen, dass wir Häfler den Obdachlosen mit Respekt und Wertschätzung begegnen.“

Weil es keine große Lobby für Obdachlose in Deutschland gebe, sei die Umsetzung der Herberge eine besondere Herausforderung gewesen, erklärte Pfarrer Bernd Herbinger. „Wir haben uns durch viele Sozialgesetzbücher durchgearbeitet“, berichtete er. „Ohne die Zusammenarbeit mit unseren Freunden, wie die Caritas, die Diakonie, die Tafel oder die Bahnhofsmission, wäre all dies nicht möglich gewesen.“ Bischof Fürst segnete das Haus und wünschte allen Menschen, die die Herberge tragen, sowie allen, die hier Hilfe suchen, viel Kraft und Gottes Segen. Am dritten Adventsonntag wird die neue Herberge bei einem Tag der offenen Tür für die Allgemeinheit geöffnet.