Bis auf 124 Euro war die Facebook-Aktie nach Bekanntwerden des Datenskandals gefallen. Über 80 Milliarden Euro Börsenwert schmolzen so dahin. Mittlerweile ist sie wieder auf 158 Euro geklettert. Die Facebook-Krise scheint schon fast überwunden. Erst kürzlich kam das soziale Netzwerk, das weltweit über zwei Milliarden Nutzer hat, mit einer neuen Idee um die Ecke: Schon bald will Facebook eine App zur Partnervermittlung auf den Markt bringen.

Daten sind zur wichtigsten Handelsware geworden

Diese Beobachtung zeigt: Das Geschäft mit unseren Daten funktioniert. Waren früher Erdöl, Kohle und Stahl für den Erfolg einer Volkswirtschaft entscheidend, so sind es heute Daten. An der Spitze der wertvollsten Unternehmen der Welt tummeln sich mit Konzernen wie Facebook, Google und Amazon lauter Jäger und Sammler von Daten. Ölkonzerne wie Exxon Mobil, Autohersteller wie General Motors oder Elektrokonzerne wie General Electric tauchen in der Top Ten gar nicht mehr auf. 

Auch die Milliarden-Gewinne der Großkonzerne Google, Facebook und Amazon dürften die Konkurrenten aus dem vordigitalen Zeitalter erblassen lassen. Den Großteil ihrer Umsätze erwirtschaften Google und Facebook durch gezielt geschaltete Werbung. Bei Facebook beträgt der Anteil von Werbeeinnahmen über 95 Prozent, bei Google über 85 Prozent.

Jeder Nutzer brachte Facebook im vergangenen Quartal einen Umsatz von 4,70 Euro ein

Klar, dass jeder Kunde für die Datenkonzerne Gold wert ist. Facebook machte im vergangenen Quartal pro Nutzer einen Umsatz von 4,70 Euro mit Werbung. In den USA und Kanada waren es sogar fast 20 Euro pro Mitglied, in Europa knapp 7 Euro. In Schwellenländern wie Indien oder Südafrika ist ein Nutzer für Facebook weniger Wert, weil er dort durchschnittlich eine niedrigerer Kaufkraft hat und so für die Werbeindustrie weniger attraktiv ist. Beim Google-Mutterkonzern Alphabet, zu dem Online-Dienste wie YouTube oder Google Maps gehören, liegt der Werbeumsatz pro Nutzer nach Expertenschätzungen sogar noch höher. Dabei wären sogar viele Nutzer von Facebook und Google bereit für die bisher kostenlosen Dienstleistungen zu bezahlen.

Nach einer Studie der Wirtschaftswissenschaftler Erik Brynjolfsson und Avinash Gannamaneni vom Massachusetts Institute of Technology sowie Felix Eggers von der Universität Groningen ist einem durchschnittlichen Facebook-Nutzer der Dienst monatlich 50 Euro wert. Allerdings scheint dieser Wert sehr hoch angesetzt. "Ich wäre bereit, zwei bis drei Euro im Monat für Facebook zu zahlen, aber ich will dann auch genau wissen, was Facebook mit meinen Daten macht, und ich will dabei Mitsprache haben", sagte die österreichische Bloggerin Ingrid Brodnig im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Warum sie den Wert von Facebook und Co. für den einzelnen Nutzer so hoch einschätzen, erklärt Studienautor Felix Eggers. „Teilweise ersetzen diese digitalen Dienste sogar Güter, die zuvor Geld gekostet haben“, sagt er. Navigationsgeräte kosteten vor zehn Jahren noch mehrere hundert Euro, inzwischen navigieren viele Verkehrsteilnehmer mittels Google Maps. Die kostenpflichtige Kurznachricht SMS wurde durch das kostenlose WhatsApp obsolet, YouTube ersetzt vielen Nutzern den CD-Spieler und den Videorekorder zugleich. Die Enzyklopädie-Verlage haben ihre Konkurrenz zur Wikipedia größtenteils aufgegeben.

Angesichts dieser hohen Zahlungsbereitschaft vieler Nutzer, ist es kein Zufall, dass Facebook die Einführung einer Bezahlversion seines Netzwerks erwägt. Top-Managerin Sheryl Sandberg bestätigte zuletzt, dass Facebook über ein Abo-Modell nachgedacht habe. Zugleich betonte sie aber auch: „Anzeigen passen auf natürliche Weise zu unserem Geschäft“.

Das sind die größten Datenskandale 2018

  • Facebook: Der aufsehenderregendste Fall in diesem Jahr war der Datenskandal bei Facebook. Die britische Datenanalysefirma Cambridge Analytica hatte Daten von Millionen Facebook-Nutzern erhalten, die sie über eine Umfragen-App gesammelt hatte. Nach Einschätzung von Facebook könnten bis zu 87 Millionen Mitglieder weltweit betroffen sein. Facebook erklärt in einer überraschenden Kehrtwende, dass von dem Datenskandal möglicherweise überhaupt keine Nutzer in Europa betroffen gewesen seien. Zuvor hatte das Online-Netzwerk noch selbst geschätzt, dass bis zu 310 000 Mitglieder in Deutschland und mehrere Millionen in Europa insgesamt betroffen sein könnten.
  • Deutsche Post: Rechtlich war alles legal, trotzdem blieb ein Geschmäckle zurück: Die Deutsche Post hat über ein Tochterunternehmen Daten von Haushalten zu Wahlkampfzwecken an CDU und FDP verkauft. Insgesamt ging es um 20 Millionen Häuser mit rund 34 Millionen Haushalten mit mehr als einer Milliarde Einzelinformationen.
  • Under Armour: Durch einen Hackerangriff auf die Kalorienzähler-App MyFitnessPal des US-Sportartikelherstellers haben Hacker die Daten von 150 Millionen Nutzern abgegriffen. Damit handelt es sich um eine der größten Cyber-Attacken der US-Geschichte.
  • Grindr: Die Partnervermittlungs-App hat mehr als 3,5 Millionen tägliche Nutzer und ist vor allem bei homosexuellen Männern beliebt. Unter anderem lässt sich dort (freiwillig) angeben, ob man an HIV erkrankt ist. Ausgerechnet diese sensiblen Daten hat das Netzwerk an externe Datenunternehmen weitergegeben und dafür viel Kritik geerntet.
  • Intel: Wie Anfang des Jahres bekannt wurde, hat ein von Intel seit Jahren verkaufter Mikroprozessor eine Sicherheitslücke, durch die von Milliarden Geräten auf breiter Front vertrauliche Daten abgeschöpft werden können. Von der Sicherheitslücke seien "fast alle Systeme betroffen: Desktops, Laptops, Cloud-Server sowie Smartphones", erklärten Forscher.