Vergangene Woche sei er noch zuversichtlich gewesen, sagt Horst Leiber, als der SÜDKURIER ihn am Mittwoch telefonisch erreicht. Doch davon ist nicht viel geblieben beim Hafenmeister des Gaienhofener Ortsteils Hemmenhofen am Untersee. „Seit dieser Woche bin ich nicht mehr zuversichtlich.“ Der Grund für Leibers Resignation: Das Niedrigwasser.
Der Pegel des Bodensees steuert auf ein Rekordtief zu. So lag er vor Konstanz am 26. Juli bei rund 3,29 Metern – im langjährigen Schnitt beträgt er für diesen Tag 4,19 Meter. „Weil kein Regen gekommen ist im Frühjahr“, sagt Leiber. Weitere Faktoren seien Sonne und Wind: „Ein Zentimeter fällt an Wasser so weg, ein Zentimeter verdunstet durch die Sonne und bei Ostwind fällt nochmals ein Zentimeter weg.“
Für Leiber und andere Hafenmeister rund um den Bodensee bedeutet das: Sie müssen die Liegeplätze der Boote austauschen. Solche mit weniger Tiefgang kommen näher ans Ufer, andere mit mehr Tiefgang weiter hinaus. Notfalls müssen sie auch ganz ausgewassert, also an Land geholt werden. Im Hafen Hemmenhofen war das bis jetzt bei dreien nötig, so Leiber.
Bootssaison könnte deutlich früher enden
Aber er betont, es sei gut möglich, dass in den kommenden Wochen weitere Boote aus dem See müssten, sinke der Bodenseepegel weiter. „Am ganzen See ist die Tendenz so.“ Die Bootssaison, die sonst bis 31. Oktober dauert, könnte dieses Jahr deutlich früher enden.

Andernorts scheint die Situation denn auch bereits gravierender zu sein als in Hemmenhofen. So erklärte Leibers Kollege vom Hafen Gaienhofen, Christof Stier, gegenüber dem SWR, in einigen Orten hätten bereits etwa 30 Bootsbesitzer ihre Schiffe aus dem Wasser geholt. Und weiter: „Wir haben in Gaienhofen die Schmerzgrenze erreicht.“
Weitere Auswasserungen, vor allem größerer Boote, müssten so schnell wie möglich folgen, da viele nur noch wenige Zentimeter Wasser unterm Kiel hätten, sagte Stier. Denn, so erklärt es Hafenmeister Leiber aus Hemmenhofen: „Es ist, wie wenn das Pferd keinen Hafer mehr kriegt, dann kann es auch nicht mehr laufen.“
Hafenmeister: „Solche Jahre gab es schon früher“
Für Leiber und seine Kollegen sei das Tauschen der Liegeplätze und notfalls das Auswassern der Boote keine leichte Aufgabe. Einige Bootsbesitzer hätten für die Maßnahmen, die jetzt ergriffen werden müssten, überhaupt kein Verständnis. „Es ist ein schwieriger Job“, sagt Leiber.
Leiber will aber nicht dramatisieren. Denn: „Das hat es schon früher gegeben, in jedem Jahrzehnt gibt es Jahre, wo es wenig Wasser hat.“ Ganz schlimm, sagt er, der schon immer am Untersee gelebt hat, sei es einmal Mitte der 1970er-Jahre gewesen, lange Zeit, bevor er selbst Hafenmeister wurde. „In den letzten zehn Jahren aber ist es gegangen. Und dieses Jahr ist es extrem.“